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Hauptobject, sondern um ein kleines Kirchlein grnppirten sich bescheidene Häuschen in
zerstreuter Lage uud ihre Bewohner trieben seit jeher vorwiegend die Bearbeitung ihrer
Campagnen.
Der Charakter des Bildes wird aber noch mehr durch die Aussicht bestimmt, welche
sich darbietet, wenn man den Blick über das Meer, über den vorliegenden qnarnerischen
Golf schweifen läßt. Wenn zu den Kritenen des Schönen eine leicht aufzufassende Einheit
oder Gesetzmäßigkeit in der Mannigfaltigkeit gehört, so trifft dieses Erfordernis; ganz
besonders bei dem Bilde zu, welches sich hier vor dem Beschauer entrollt.
Gegen Norden liegen die über einander aufsteigenden Bergreihen des libnrnischen
Karstes, in gleicher Richtung fortziehend über das kroatische Küstenland mit dem Kapela-
Gebirge, dann folgt eine Ecke des Rahmens, welcher auf dieser Seite den Quaruero einfaßt,
und beginnt der noch höher ansteigende, aber noch entferntere Zug des Velebit, der den
östlichen Horizont abschließt. Alle diese genannten Bergzüge besitzen die den dinarischen
Alpen überhaupt zukommende Eigenthümlichkeit, daß sie zwar, im Einzelnen und in der
Nähe betrachtet, rauhe und schroffe Details haben, in: Großen und Ganzen aber sanft
geschwungene Eoutoureu zeigen, mit denen sie sich vom Firmament abheben.
Die Entfernung, in welcher diese Berge von Abbazia aus erblickt werden, ist eben
groß genug, um die schroffen, unruhigen Details verschwinden zu machen, aber doch nicht
so groß, daß Alles in eine bläuliche Nebelmasse zusammenfließen würde; im Gegentheil
erscheinen noch die wnndervollsteu wechselnden Lichteffecte, je nach dem Stande der Sonne
und der Reinheit des Himmels. Insbesondere Nachmittags und Abends, wo die gegen
Abbazia hingewendeten Seiten jener Berge die besonnten sind, erscheinen die beleuchteten
Theile im schönsteil Rosa, die beschatteten in Blau uud Violet iu einer mosaikartigen höchst
anmuthigen Abwechslung. Dieser Anblick ist durch die Lage ermöglicht bis Lovraua hin,
weiter südlich nm Moscenice u. s. w. geht der Velebit durch die sich vorschiebende»
qnarnerischen Inseln ganz verloren und das kroatische Karstgebirge tritt schon so weit
zurück, daß es nicht mehr die geschilderten Belenchtungsesfecte darbietet.
Verfolgen wir nun, nachdem wir den Norden und Osten des Horizonts ins Ange
gefaßt haben, die Aussicht gegen Süden, so bieten sich uns die näher liegenden Inseln
Eherso uud Veglia dar mit anmuthig wechseludeu Küstenlinien und mäßig ansteigenden
Höhen; zwischen ihnen bleibt ein schmaler Streife» vom Meereshorizout frei, die sogenauute
„IZocca piceoia", durch die mau weithin gegen die dalmatinischen Gewässer blickt.
Weiter herum über Süd nach Südwest schauend, blickt man zwischen Eherso uud
dem istrianischeu Festlande ins weite, offene Meer hinaus, uud dieser, durch seiueu Gegensatz
zu der sonstigen Umrandnng des Bildes fesselnde Streifen des Horizontes nimmt beiläufig
den zwölften Theil desjenigen Halbkreises ein, welchen man von Abbazia aus überschauen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch