Seite - 56 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Das Küstenland, Band 10
Bild der Seite - 56 -
Text der Seite - 56 -
56
Karl des Großen gerechnet wurde, dem damaligen Bischof Johannes Trieft sammt
einem Bezirke von 22 7 Kilometern im Umkreise, dem allerdings kleinen Überreste des
einstigen Colonialgebietes.
Gewaltig herrschte der Bischof, der nunmehr die weltlichen mit den geistlichen
Befugnissen vereinigte, in der Stadt. Und über drei Jahrhunderte dauerte es, bis die
Gemeinde unter Benützung der Geldverlegenheiten ihrer Gebieter im Stande war, allmälig
diese Bande zu löseu. Mit dem letzten derartigen Abtretungsverträge, iu dem Bischof
Brifsa di Toppo (1295) unter Zustimmnng des Patriarchen für 200 Mark Denare
auch auf das Amt des Gastaldeu und die Regalien verzichtete, hatte die Gemeinde im
Wesentlichen ihre Selbständigkeit erlangt.
Es ist bezeichnend, daß aus der unmittelbar nachfolgenden Zeit (1313 bis 1319)
das erste überlieferte Stadtrecht von Trieft stammt. Dieses „Statut" zeigt uns ebenso wie
seine späteren Umarbeitungen, daß sich uuser Gemeiuweseu in ähnlicher Weise wie die
benachbarten Küstenorte verwaltete: mit einem aus der Fremde geholten Podestä au der
Spitze, einem großen und kleinen Rathe und mit verschiedeneu Beamten, deren Mehrheit
den edlen Familien der Stadt entnommen war. Überhaupt gewauu die Verfassung immer
mehr einen aristokratischen Charakter. Selbst unter den Edlen hatten sich schon 124«» drei-
zehn Familien abgesondert und eine Bruderschaft gegründet, die jedem Abkömmliug eiuer
anderen Familie den Zutritt streng verschloß.
Zu wiederholten Malen versuchten die Bischöfe, die verlorene Gewalt wieder an sich
zu ziehen. Gleich dem ersten mißglückten Unternehmen (1313) fiel eine der angesehensten
Familien der Stadt, die bischöflich gesinnten Ranso zum Opfer. Auch die hartuäckigeu
Bemühungen Antonios de Negri (1350 bis 1370), der zuerst den Titel „Graf von Trieft"
annahm, führten zu keinem Ergebniß.
Wenn die Bürger auch dieser Versuche sich glücklich erwehrten, so waren sie doch
weit davou eutferut, uuabhäugig zu sein. Abgesehen von dem schwankenden Verhältniß
zu den Patriarchen von Aqnileja, die seit dem Beginn des XIII. Jahrhunderts auch des
Reiches Markgrafen iu Jftrieu wareu, hatte Trieft viel drückendere Beziehungen zu der
mächtigen Seestadt jenseits des Golfes — zu Venedig. Nach dem Verfall der römischen
Flottenstation Aquileja hatte der Laguneustaat allmälig die Reinhaltung der Adria vvu
Piraten übernommen, forderte dafür aber entsprechende Leistungen vou den mitbeteiligten
Küstenorten. Keine Stadt Jstriens setzte diesem Begehren nachhaltigeren Widerstand
entgegen, keine griff deshalb öfters zum Schwerte als Trieft, weuu es auch bei derartigen
Versuchen häufig unglücklich war.
Am schlimmsten schien es 13K9 dem von Hnngersnoth heimgesuchten Orte zu ergehen,
als die Venetiauer uach elsmouatlicher Belagerung einzogen nnd zur danernden Nieder-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch