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Mit wehmüthigen Gefühlen durchwandert heute der Besucher die Wohn- und Arbeits-
gemächer des Fürsten, jene Räume, die er in dankbarer Erinnerung an die Freuden des
Seelebens im Kajütenstil ausstatten ließ und die noch heute so erhalten sind, wie sie ihr
Bauherr verließ. Auf Schritt und Tritt werden wir im ganzen Erdgeschoß daran erinnert,
daß hier Maximilian mehrere der schönsten Jahre seines Lebens verbrachte. Sind wir aber
dnrch das Stiegenhaus mit seiuen leuchtertragenden Herolden, Jagdtrophäen und Waffen-
stücken znm ersten Stockwerk emporgestiegen, so gelangen wir in die eigentlichen Prunk-
gemächer, jene Räume, die erst während der Kaiserzeit Maximilians hergerichtet wurden.
Wie sehr sich dieser auch unter den schwierigsten Regierungssorgen um sein Heim an
der Adria kümmerte, beweist der Umstand, daß er sich nicht nur über die Ausschmückung
aller Gemächer genauen Bericht erstatten ließ und selbst für die kleinsten Einzelnheiten
Verfügungen traf, sondern daß er sogar den Plan hegte, das Schloß durch Erbauung
eines zweiten Flügels zu erweitern und die Parkanlagen noch größer und prachtvoller zu
gestalten. Der Tod des Kaisers schnitt alle diese Pläne ab, ja schon ehe das erste Stockwerk
ganz vollendet war, weilte der Schöpfer des Baues nicht mehr uuter den Lebenden. In
einem dieser Zimmer hängt noch das letzte Porträt des Kaisers, das ein französischer
Maler in Mexico ausführte, und nicht unpassend sind in demselben Gemache die baulichen
Schöpfungen des Erzherzogs abgebildet, Maxiug bei Hietziug, Miramar und Pola, dessen
eifriger Förderer er als Marine-Obercommandant gewesen war. Ein anderer prächtiger
Raum des ersten Stockwerkes, das Familien-Speisezimmer, enthält sechs Wandbilder mit
Scenen aus der Geschichte der Gegend. Sie rühren, ebenso wie das allegorische, die
Gründung Miramares darstellende Deckengemälde von dem bereits unter den Triester
Malern genannten Eefare dell' Acqna her. Wieder ein anderes Zimmer, das Cerclezimmer
hinter den: Thron- oder Festsaal, zieren Bilder älterer berühmter Meister. Bieten sich schon
von den einzelnen Wohnzimmern, wie von der Terrasse des Schlosses schöne Ausblicke nach
allen Seiten, so übersehen wir das ganze kleine Paradies, wenn wir den Thurm hinan-
steigen. Die verschiedenen Partien des herrlich gehaltenen Parkes treten scharf hervor, die
Terrassen mit ihren exotischen Pflanzen und ihren Statuen, die Rosenlauben, Camelien-
hecken, Eichen- und Fichtenwäldchen, sowie die reizend zerstreuten Häuschen mit ihren
zierlichen Aulagen. Namentlich im Frühjahr ist das Bild, das sich hier bietet, ein unsagbar
schönes. Gegenwärtig ist das Schloß, in welchem Erzherzog Maximilian am 10. April 1863
die mexikanische Kaiserwürde angenommen hatte, im Besitze Seiner Majestät des Kaisers
und dient ab und zu Mitgliedern des Kaiserhauses zum zeitweiligen Aufenthalt.
Noch eiu auderer Punkt iu unserer Nähe gehört dem Monarchen. Wer in einer
Fahrt das Küstengelände und das Karstplateau kenne» lernen will, der wandere mit
uns nach Lipizza.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch