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Der religiöse Sinn der Bewohner äußerte sich in diesem Zeitraume auf die glänzendste
Weise durch Erbauung von herrlichen Basiliken, uuter denen besonders bemerkenswerth
ist die der heiligen Maria Formofa, errichtet in Pola von S. Maximianus, einem Bürger
dieser Stadt und Erzbischos von Ravenna, ferner die Basiliea Enphrasiana iu Parenzo,
erbaut um das Jahr 550 von dem Bischof Enphrasins.
Aber sehr bald machten sich auch in unserer Provinz die Folgen der Völker-
wanderung fühlbar. Dadurch, daß die Lougobardeu Pauuouieu verlassen hatten, war die
letzte Schranke gefallen, welche die Slaven nnd Avaren von Jstrien trennte, und das Jahr
601 bezeichnet den Beginn jener Einbrüche, welche, nach knrzen Zeiträumen immer wieder-
kehrend, den Niedergang, besonders des inneren und gebirgigen Theiles der Halbinsel
bewirkten. Auch die Lougobardeu fielen zweimal, in den Jahren 588 und 600 ein, in
der Hoffnung, durch Gewalt den Besitz der Provinz zu erlangen. Damals glückte es ihnen
nicht, wohl aber später, im Jahre 752, unter ihrem König Aistnlf.
Jstrien blieb nicht lange unter der Herrschaft der Longobarden, denn nachdem diese
im Jahre 773 von Karl dem Großen besiegt worden waren, fiel es wieder den Byzantinern
zu. Während jedoch das Volk es mit den Griechen hielt, schloß sich die Geistlichkeit anch
hier der Partei der Franken an, und die Erbitterung, welche zwischen den beiden Parteien,
der volksthümlichen und der bischöflichen, der byzantinischen und der fränkischen, herrschte,
stieg so sehr, daß der Bischof Mauritius, der im Verdacht stand, Jstrien Karl dem Großen
in die Hände spielen zu wollen, von seinen Gegnern gefangen genommen und geblendet
wurde. Diese Missethat beschleunigte nur die Entscheidung, denn Papst Hadrian ermähnte
Karl, einen solchen Frevel zu bestrafen. Und in der That finden wir das Land schon im >
Jahre 789 im Besitze der Franken.
Aber mit den Franken kam auch das Leheusweseu, eine doppelt drückende Einrichtung
für ein Volk, das seit länger als 800 Jahren sich selbständig nach eigenen Gesetzen und
durch eigene Obrigkeiten regiert hatte. Außerdem uahm man den Städten einen Theil des
Gebietes, das bis dahin ihr Eigenthum gewesen war, weg und wies ihn slavischen
Ansiedlern zu, welche Fremdlinge und noch Heiden waren. Daher wandte sich die
Bevölkerung, welche unter diesen Bedrückungen litt, an den Kaiser. Dieser schickte drei
Abgesandte nach Jstrien, welche zuerst nach Risano im Gebiete von Eapodistria einen Land-
tag einberiefen (im Jahre 804) und nach Anhörung der Klagen der Jstrier den Versuch
machte», die Bedrückung des Volkes zu mildern. Die Städte erhielten einen Theil ihrer
Rechte zurück und durften ihre alten Obrigkeiten wieder ernennen, aber ihr Besitz und die
Gerichtsbarkeit über die Landgemeinden wurden ihnen nicht wieder zuerkannt.
Allein der Versuch, Regierungsformen aufrecht zu erhalten, die dem Geiste der
Zeit zuwiderliefen, war vergeblich; die Loslöfuug von Byzanz und die Unterwerfung
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch