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Ortschaften der Umgebung von Görz und des Bezirkes von Tolmein statt. Aus denselbeu
begibt sich ein ansehnlicher Bruchtheil der weiblichen Bevölkerung sowohl ledigen als
verheirateten Standes gewöhnlich nur auf eine Reihe von Jahren nach Egypten, so daß
es keineswegs ungewöhnlich ist, dort Bäuerinnen zu begegnen, welche sich in italienischer,
französischer, englischer und arabischer Sprache wenigstens nothdürftig auszudrücken
vermögen. Diese Zugvögel scheinen in jenem Eldorado europäischer Ausbeutungssucht in
allen erdenklichen Dienstleistungen lohnenden Erwerb zu finden, da es nicht selten vor-
kommt, daß sie für ihre Verhältnisse bedeutende Geldbeträge nach dem Hause der Elteru
oder Gatten senden. Es soll nicht bestritteu werden, daß so manche redlicher Arbeit
nachgeht, ja man weiß von einzelnen Mädchen, daß sie im Wunderlande der Pyramiden
wohlhabende Eingeborne fanden, mit welchen sie einen ehrbaren Hansstand gründeten.
Allein abgesehen davon, daß dies nur vereinzelte Ausnahme bleibt, sind die geschilderten
Verhältnisse darnach angethan, die Bande der Familien verderblich zu lockern.
Wenn vorhin von den Eigenschaften gesprochen wurde, welche allen Bewohnern des
Landes gemeinsam sind, so ist es doch selbstverständlich, daß je nach ihrer Stammes-
angehörigkeit die Eigenthümlichkeiten hervortreten, welche denselben auch anderswo als
unterscheidende Merkmale anhaften. Auch hier begeistert sich der Romane plötzlich mit
Leidenschaft für ein Ziel, das seinem Geiste in bestechenden Farben vorgeführt wird.
Leicht gibt seine glühende Phantasie sich ihm gefangen, mit heftigem Begehren strebt er es
an, allerdings um früh darin zu erlahmen, dem Heißgewünschten selbst zu entsagen, sowie
er es nicht im ersten Anlaufe erreicht. Auch hier weiß der Romane den Besitz materieller
Güter hoch zu schätzen, er scheut nicht eine häufig weitgehende Sparsamkeit, wenn es sich
darnm handelt, ihn zu erhalten und zu vermehren, wenn auch durchschnittlich in geringerem
Grade als der Italiener des benachbarten Königreichs. Auch hier ist der Slave nicht
immer ein Hab und Gut mit fester Hand zusammenhaltender Hallsvater, so sehr ihn
seine Verhältnisse zu einer Genügsamkeit zwingen, die anderwärts zu den wenig gekannten
Dingen zählt. Auch hier verzichtet der Slave nur schwer auf ein Vorhaben, für welches er
sich einmal eingesetzt hat, und mag er noch so oft in seinem Beginnen frnchtlos gescheitert
sein, es wird ihu nicht entmnthigen, nicht davon abhalten, mit unverdrossen zäher Ausdauer
neuerdings ans Werk zu gehen. Immerhin muß hervorgehoben werden, daß die Blnt-
mischllng zwischen den Nationalitäten im Lande eine starke ist und demzufolge das
Trennende öfter hinter dem Gemeinsamen zurücktritt.
Daß viele Namen mit der Nationalität ihrer Träger nicht iin Einklang stehen
oder daß Kinder unter dem Druck der sie umgebenden Verhältnisse sich zu eiuer anderen
Nationalität bekennen lernen, als es bei ihren Eltern der Fall war, kommt in sprachlich
gemischten Ländern genugsam vor; daß aber von unter ganz gleichen Lebensbedingungen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch