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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Das Küstenland, Band 10
Seite - 169 -
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169 Wer fände nicht in der vorstehenden Erzählung denselben Stoff, der Bürger zum Vorwurf seiner Lenore gedient hat, und eiueu Beweis mehr dafür, daß allen Völkern arischen Ursprungs ein gemeinsamer Sagenkreis eigen ist? Tolmein gegenüber am rechten Ufer des Jsonzo steht inmitten der üppigen Fluren des Woltschacher Feldes eiue Kirche, die St. Daniel im Schwarzwald genannt wird. Der Name schon weist auf die Vorzeit hin, in der dichter Wald von den Bergen bis in die Thalsohle hinunterreichte. Von ihr sagt man in der That, daß sie das älteste christliche Gotteshaus der ganzeil Gegend sei und daß, als jenseits der Berge in der anstoßenden krainerischen Wochein noch heidnischen Gottheiten geopfert wurde, die Leichen dort ver- storbener vereinzelter Gläubigen auf dem Rücken von Sanmthieren über die unwegsamen Joche der Alpen hierher gebracht wurden, um in geweihter Erde bestattet werden zu können. In deni Maße aber, als sich das Hochland gegen die Ebene absenkt, schwindet auch die Kraft des Volksgeistes, die alten Sagen festzuhalten. Hier und da taucht noch eine Erinnerung an die verwüstenden Einfälle der Türken auf, so beim Turski Kriz in der Thalenge unterhalb Podsela, zwischen Woltschach und Canale oder am Tnrski Klanec im Ternovaner Wald. Au beiden Orten soll ihren wilden Horden ein Empfang bereitet worden sein, der ihnen die Lust zur Wiederkehr benommen hat. Am letzten Absturz des Gebirges endlich, am Südabhaug des Eaveu haftet die in von Südslaven bewohnten Ländern wiederholt auftretende Überlieferung, daß hoch über dem heutigen Meeresspiegel in die Felsen gewaltige eiserne Ringe eingelassen seien, an welche Seefahrer vor unvordenklichen Zeiten ihre Schiffe befestigt haben sollen. So weit übrigens Slovenen im Lande wohnen, vom Triglav bis wo der Karst mit steilem Uferrand zum Meere abstürzt, lebt noch eine dunkle Ahnung von dem Glauben ihrer Vorfahre» an den Einfluß, den die Rojeniee und die Vileu aus die Geschicke der Menschen zu uehmen vermögen. Nicht ohne Scheu wird der Rojeniee, der Schicksals- göttinnen der Slovenen, gedacht. Man stellt sich dieselben als drei schöne weißgekleidete Schwestern vor, welche bei der Geburt eines Kindes an dessen Wiege treten, um ihm seine künftigen Lose vorherznsagen. Die zwei, welche zuerst die Zukuuft künden, versprechen zumeist nur Gutes; entscheidend ist aber, was die dritte spricht, denn diese offenbart das Verhängniß, das sich erfüllt und nur zu oft Schlimmes enthält. Darin liegt ein Zug von Pessimismus, der in dem ganzen, schwermüthig angelegten Wesen des Südslaven an den Tag tritt. Die Vilen dagegen, welche auch in den Volksliedern der Kroaten und Serben gefeiert werden, breiten mit Vorliebe ihre schützende Hand über Sterbliche aus und sind daher selten gefürchtet. Aus Sonnenstrahlen entstanden und in allem Anfang Bewohnerinnen der Wolken, stiegen sie später im Dienst des Gottes des Lichtes zur Erde hernieder. Körperlos und in weiße dünne Gewänder gehüllt, zart von Gestalt, blassen Antlitzes mit
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Das Küstenland, Band 10
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Das Küstenland
Band
10
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.63 x 22.44 cm
Seiten
390
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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