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Daß das Völkchen, das wir zu schildern versucht haben, liederfroh und sangesknndig
ist, bedarf nicht erst besonderer Versicherung. Die Südslaven im Allgemeinen ueuueu viele
Volkslieder voller Poesie mit reizenden Melodien ihr Eigen uud die Sloveueu insbesondere
nehmen in dieser Beziehung unter ihnen nicht den letzten Platz ein. Seit dem Erstarken
des nationalen Geistes werden die Weisen des Volkes und die dazugehörigen Worte emsig
gesammelt. Zahlreiche Gesangsvereine und, wo diese fehlen, die Lesevereine schulen und
pflegen den Gesang mit großem Eifer, so daß man, oft wenn man es am wenigsten
erwartet, durch gut zusammengestimmte kräftige Männerchöre überrascht wird. Der
Volksgesang hat vielleicht au Ursprüuglichkeit verloren, dagegen aber unbestritten an
künstlerischer Vollendung in der Ausführung gewonnen, seitdem Lied nnd Wort sich nicht
mehr, von den Alten ans die Jungen übergehend, von Mnnd zu Mund fortpflanzen,
sondern, durch geschriebene Zeichen festgehalten, mittelst Notenheft und Textbuch übertragen
werden. Daraus folgt jedoch zugleich, daß, soweit Sloveueu wohueu, heute überall dieselbe»
Lieder klingen. Trotzdem gibt es noch einzelne Volkslieder, welche noch nicht zu Papier
gebracht worden sind. Eines davon, welches aus Ronzina — Roeiuj — im mittleren
Jsouzothal stammt, möge hier Platz finden:
I.3.KK0 N0ö. Gute Nacht.
I^'ukiea v ?eleneni vi'w seäi,
k'antiö xre iniino, se veseli.
/1>xaj mi roöiee,
Oelaj mi puTelee,
Üe sein 8e kantiö ka^
i kloöice vlrxaiie imam,
?u8e1ca 6elat pa ne 2nam.
öüäo kupila bom,
?u8e1e povila bom,
k'antiL, le piilli ärev pv-iij!-
Komaj sein Lakai, 6a 8e stii mrak,
öel sein ha oknice stat;
ustan' Ijudiea,
! sveli limiea
ko solnee Le? 6an."
^uliiea iii iiot'Ia A0ii ustat'
mi m tiol'ia puZelea 6at'.
^Nolöi ti iMdiea,
öe se doZ jokala,
5a? 86 Koni fantiö sme^al." Liebchen sitzt im grünen Garten,
Bursche läßt nicht auf sich warten.
„Pflücke Blumen mir.
Bind' ein Sträußchen hier,
Bin ich dir noch etwas werth!"
„Blumen hab' ich schon gefunden,
Sträußchen doch noch nie gebundeu,
Kauf' ich erst ein Band,
Ist der Strauß zur Hand,
Bursche hol' ihn abends dir."
Daß es dämmert, wart' ich bange.
Lausch' an ihrem Fenster lange.
„Heb' dich Liebchen mein,
Sieh den Mondenschein
Heller noch als Tageslicht."
Liebchen ließ sich nicht erweichen,
Wollte nicht den Strauß mir reichen.
„Schweig' nur, weuu's dich freut,
Sollst noch weinen heut;
Lachen wird d^ju Bursch dazu."
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch