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Summt eine Bremse im Hause und gibt sie keine Ruhe, so heißt es: »vWi sentiiemv
unn novitä-, (heute werden wir etwas Neues erfahren). Regnet es nicht am Palmsonntag,
so regnet es ohne Zweifel am Osterfest: nc> piovi su I'ulivo, piovi su i ovi". Beim
Glorialäuten am Charsamstag muß mau sich die Augeu und das Gesicht mit Wasser
bespritzen. Dadurch werden die Augeu vou alleu Kraukheiteu befreit sein und der Körper
wird weder Runzeln, noch Flecken oder Sommersprossen haben. Fällt am Christi Himmel-
fahrtfest Regen, so dauert das Regenwetter volle vierzig Tage: „se piovi 'I xiorno
la ssnsa, piovi czuaranw Fiorni". Wenn bei Vollmond im Monat September schönes
Wetter ist oder Regen fällt, so wird es gewiß so durch ganze sieben Monate dauern, denn:
1a luna setemdrina.
8ette lune Flie se inedina.-
Und erst der 23. Juni, der Vorabend des Festes des heiligen Johannes des Täufers —
das ist wohl der rechte Tag! Unsere heiratslustigen Mädchen legen in einen Kübel voll
Wasser Feigenblätter, auf welchen Papierstreifen mit den Namen verschiedener Jünglinge
angeklebt sind. Am darauffolgenden Tage gibt das Feigenblatt, welches auf der Ober-
fläche des Wassers schwimmt, den Namen des künftigen Bräutigams an. Zur Abwechslung
beschäftigen sie sich überdies mit dem Bleigießen, mit dem butar ei piomdc», oder sie
werfen rücklings die Pantoffel auf die Stufen der Hausstiege uud schütteln das Tischtuch
vom Fenster um die Mitternachtstunde aus, damit die Hexen wider den Allerliebsten
nichts vermögen.
Die Jstrianer sind ein genügsames Volk und namentlich in Bezug auf die Speisen
nicht eben wählerisch. Nur die Poleuta darf ihnen nicht fehlen. Dieser erkältet steif
gewordene uud iu Stücke zerschnittene Brei von ausgekochter Maisgrütze ersetzt dem
Jstriauer die Kuödel der Deutschen. Fische hat er im Überfluß, weil er vom Meere selbst
eingeladen gleichsam ein geborener Fischer ist. Und fürwahr, wer könnte alle Fische und
Muschelgattungen unseres Meerbusens nennen, welche Dr. Ernst Plucar in seinem Buche
„Der Fischplatz zu Trieft" beschrieben hat? Eine große Rolle spielen die Nudeln: da gibt
es Dickuudelu, i mneuroni, Fadeunudelu, i bixoli, i spucket!, breite Bauduudelu, le
lasuMe, nnd die Fa^ounndeln. Diese in Form von Getreidekörnern, Schnecken, Röhren
und gewundenen Bindfaden bilden als semen?ine, peverini, licZelini, sudioti, verete,
paternostn uud strnnAolapreti das gewöhnliche Volksgericht. Und ist das nicht der
Fall, so bereitet uns die biedere Hausfrau eine» risotc» oder eine Reissuppe. In eine jede
Suppe muß geriebener Parmesankäse kommen und der Reis darf nur so lauge gekocht
werden, bis sie das apostolische Glaubeusbekeuntniß gebetet oder von eins bis hundert
gezählt hat — sonst brummt das Hausgesinde und sagt: der Reis ist verkocht, i risi xe
lonxln, i xe anckai.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch