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durchzuführen. Am gewöhnlichsten sind jetzt die ?ieiivts und die Intis, welche Weiber-
hemden tragen uud oft zu Hunderten auf den Straßen sich zusammenrotten. Ebenso sind
die Stutzer in altfranzösischer Tracht sehr häufig, die sich zusammenfinden, um gemein-
schaftlich ihre Streiche auszuführen. Die edelsten Masken sind aber unstreitig die lakaris
in schwarzer Tracht mit weiten fliegenden gold- oder silberbedeckten Sammtmänteln, der
Tracht der alten ^odili Venedig entlehnt. Geistliche Masken sind verboten. Schöne
Costüme kommen sonst nur bei den Mädchen vor, welche gefallen und ihre Schönheit ins
Licht stellen wollen. Auch Auszüge und allegorische Darstellungen finden zu Fuß oder iu
Wagen statt. Heiterkeit uud Muthwille siud überall vorherrschend, selbst derbe Späße
kommen vor, denn die Polizei schützt jede Maske und erhält durch Sicherheitswachen,
welche überall aufgestellt sind, strenge Ordnung. Waffen, besonders heimliche, sind verboten.
Am Corso bleibt zwischen den Wagen ein freier Raum. Bediente und Kutscher siud
zuweilen maskirt, die letzteren als Frauen, und die Wagen nehmen von Bekannten und
Freunden manchmal so viele auf, als sie nur zu fassen vermögen. Um die Wagen herum
und zwischen ihnen wogt nun das Menschengedränge. Den allgemeinen Jubel erhöht noch
das Werfen mit den eartoline und den evntetti. Letztere haben sich jetzt meistens in kleine
Papierschnitzel verwandelt. Am meisten werden damit die Wagen geneckt und komische
Masken siud einem Bombardement mit eonletti ausgesetzt. Vornehme und Reiche werfen
sich auch mit Blumen uud mit echten Zuckercousetti, auch werden Damen nnd Mädchen,
die in den Wagen sitzen, Blumensträuße verehrt, und solchen Wagen folgt immer mit
Lebensgefahr ein Haufen inuli nach, die Blumen, cartoline uud eonletti auflesen.
Einst erhöhte den Glanz dieses Volksfestes die maskirte Musikbande, la dancka ckei
liori, so geuaunt nach ihrem Gründer, dem Wirth ckei k'ivri, welche zum Capell-
meister l'aol« Uatto, den auf der pia?xa ckel 8ale bekannten Barbier ?aolo ^aeelünetti
hatte. Jetzt hat dies aufgehört uud der heutige Corso ist im Vergleich zu jeuem vor dreißig
Jahren nichts mehr als eine — splenckicka miseria. In Trieft wird am Aschermittwoch
unter großem Menschenandrang der Carneval, eine Strohpuppe, mit einer Trauerrede uud
den abeuteuerlichsteu Ceremonien begraben, wozu man gewöhnlich das Dorf Guardiella
auswählt.
Anch der Lenz ist da und muß gefeiert werden. Denn mit dem Maimonat fängt die
Göttin Flora ihr Regime an und wenn schon der Jstrianer ein Blumenliebhaber ist, so
gibt es iu uuserer Monarchie kaum eine Stadt, in der für die Blumen so viel Geld ver-
schwendet wird als in Trieft. Die Blumenliebhaberei ist bei uns eine förmliche Blumen-
manie geworden. Die Blumenverkäuferinueu sind immer vollauf mit Blumensträußen, mit
Blumenkörben, mit Blumenkränzen beschäftigt, und fast jede Familie muß ihreu Blumen-
tisch besitze«. Unsere Landsleute siud aber auch Fischer, Jagdliebhaber und Radfahrer.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch