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Nach dem Essen geht die Braut, begleitet von einigen Freundinnen, ins Dorf,
begrüßt und küßt ihre bisherigeil Nachbarinnen und beschenkt sie mit Kvlatschen. Unmittel-
bar vor dem Auseiuaudergeheu begibt sich das junge Paar mit den Eltern ins Zimmer,
kniet aus eiu in der Mitte desselben ausgebreitetes Leiutuch und erhält insbesondere die
juuge Frau gute Lehren für die Zukuuft. Zuletzt empfaugeu sie deu Segeu uud küssen sich.
Beim Abschied bekommt die Braut Löffel, Messer uud Gabel, eine» Krug Wem uud deu
Spiuurockeu mit einem großen Flachsbündel als Zeichen, daß auch sie dem Beispiel ihrer
Mutter folgend für die Ihrigen zu spiuueu habe. Spät iu der Nacht geht mau auseinander,
zu Pferde oder zu Fuß, mit oder ohne Begleitung der Angehörigen. Der Barjaktar tritt
wiederum au die Spitze der Hochzeitsgäste, der alte Gast aber trägt deu Weiukrug, hält
einen Jeden unterwegs auf und reicht ihm denselben, gerade so wie in der Früh beim
Abholen der Braut eiu Weib Jeden, der ihnen entgegenkam, mit Brod beschenkte. Wird
die jnnge Frau aus dem Dorfe geführt, so stößt man in manchen Orten auf Hiuderuisse.
An einer engen Stelle am Ausgaug des Dorses wird von den Burschen Stroh angezündet
uud der Weg versperrt; sie wollen nämlich, daß die aus dem Dorfe geführte junge Fran
auf irgend eine Art abgekauft werde. Anderswo stellt mau iu die Mitte der Straße eine»
Tisch mit Wein uud Cigarren, bewirthet damit die Gäste, insbesondere den jungen Mann,
was von diesem mit Geld, vom „alten Gast" aber mit Wem vergolten wird. Zur Ehre der
Neuvermählten werden unterwegs verschiedene Liebeslieder uud Heldeugesäuge angestimmt,
in der Nähe der Wohnung uud vor derselben jedoch regelmäßig: „Freue dich, du Helden-
mutter, dem Sohn bringt dir die grüue Föhre und ein rothes Gesichtchen." Niemand,
weder die Mutter, uoch ein Anderer, will hören, Niemand will wissen, was vor der
gesperrten Thür vor sich geht. Jene bitten um Herberge: sie hätteu unterwegs eiu ein-
jähriges Lämmchenpaar gefunden, das allen Anzeichen nach dem Hause angehöre. Für
so Viele wäre nicht Platz, wird erwiedert und auf ähnliche Art wie früher beim Abholen
der Braut gestritten, bis endlich die Thür geöffnet wird. Die Mutter des Bräutigams, oder
lebt dieselbe nicht mehr, die Hausfrau, öffnet die Thür, wirft als erstes Geschenk ein Tuch
um den Hals des neuen Paars, zieht beide gleichzeitig hinein uud küßt sie. Auderswv
begrüßt die Hausfrau die Braut fchou au der Thürschwelle. Diese triukt aus dem dar-
gereichten Glase, wirft eine Münze hinein (»Iiiti u kupu*), betritt die Küche, nimmt das
erste beste Kind in die Haud, setzt sich mit ihm auf deu Herd uud herzt uud beschenkt es.
Der „alte Gast" zeigt ihr dann die Räumlichkeiten, das Feldgeräth, die Hausmühle uud
macht sie überhaupt auf jede Hausarbeit aufmerksam. Der Bräutigam tritt aber hier und
da auf eiueu Teppich, uuter dem sich Messer, Pistole und Axt befinden, nnd verspricht
seierlich, mit diesen Waffen sein Weib bis zum Tode zu vertheidige», sie nie gegeu dasselbe
gebrauche» zu wolleu. Nach dem Abendmahl, während dessen die Ältere» gerne das
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch