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beliebte Lied: ,l)j jakukc»'" oder »pvjelu je nev^estieu prvi vecsruk'
anstimmeil oder sich die Thaten der alten Nationalhelden erzählen nnd dieJngend wiederum
tanzt, begibt man sich zur Ruhe. Am nächsten Morgen muß das junge Paar zuerst aus
de» Füßen sein, ohne Kranz, statt des scharlachrotheu mit einem blauen Rock (mocknna)
angethan uud überhaupt einfacher gekleidet. Selten, allein es kommt doch vor, erhält die
junge Frau eiueu mit Messiuguägelu beschlagenen Lederriemen mit dem Schlüsselbund als
Zeichen der Hausfrau. In Gegenwart von Gästen muß sie Wasser holen, die Stube
heitereu Gesichts wiederholt auskehren, da die Gäste, um ihre Geduld auf die Probe zu
stellen, immer wieder dieselbe verunreinigen. Gleich ihrem Mann muß sie schou au diesem
Tage Anderen dienen, mit den Gästen ihre neue Verwandtschaft besuche«, weuu sie auch
stundenweit entfernt ist. Überall küßt sie die Hausfrau und überreicht ihr eiueu Kolatsch
mit den üblichen Worten: „Ist die Gabe klein, so soll die Liebe größer sein." Dadurch
schließen sie Freundschaft und versprechen sich gegenseitige Unterstützung. Zum Schluß der
Hochzeit beschenkt die jnnge Frau alle Gäste mit schmackhaften Kolatschen, wofür sie dann
voil Jedem — meistens silberne — Geldstücke empfängt. Anderswo machen auf einer
Gabel zwei Äpsel Ruude; in deu eiueu stecke» die Gäste eine silberne Geldmünze, den
zweiten nehmeu sie mit oder vertauschen ihu mit einer Orange. Hier und da bringt man den
Verlobten vor der Hochzeit Geschenke, wie Fleisch, Brvd, Weizen oder sonstige Eßwaareu.
Dergleichen Geschenke bekommt auch der Primiziaut, weuu er, wie mau sagt, mit
der Kirche getraut wird, iudem er seiu erstes heiliges Meßopfer darbringt. Eine Primiz
ist etwas besonders Erfreuliches für den slavischen Landmann Jstriens aber auch eine
große Seltenheit, vorzugsweise für die westliche» Theile. Es ist daher auch erklärlich,
daß aus Anlaß einer Primiz große Feierlichkeiten veranstaltet werden. Hunderte von
Gästen versammelu sich; vvu diesen beschenkt und begleitet, begibt sich der Primiziaut, in
der Haud eiueu Blumenstrauß, iu Processivu in die Kirche. Von weit und breit strömt
das Volk zusammen, im Glaubeu, daß das Gebet au solchen Tagen wirksamer sei, sowie
um eine schöne Predigt zu höreu. Die Primiz wird iu der Regel am Sonntag abgehalten,
die Feierlichkeiten beginnen jedoch schon Tags vorher nnd dauern manchmal eine volle
Woche. Da gibt es Triuksprüche, Gesang uud Tauz, den der Primiziaut mit seiner Mntter
oder einer Verwandten eröffnen muß.
Bei allem heitereu Siuu, deu die Slave» bei vieleu Gelegeuheiteu au deu Tag
legen, zeigen sie doch eine auffallende Rnhe, wenn ihnen die letzte Stunde uaht. Die letzten
Anordnungen bezüglich ihres Vermögens treffen sie in Gegenwart von Zeugen, meistens
»och mündlich. Ärztliche Hilse beausprucheu sie selten; man nimmt zu Hausmitteln Zuflucht
oder zieht einen gewöhnlichen heilkundigen Mann oder ein Weib zu Rathe. Zerknirscht
empfange» sie die Saerameute der heiligen Beichte, der heiligen Cvmmuuiou und der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch