Seite - 228 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Das Küstenland, Band 10
Bild der Seite - 228 -
Text der Seite - 228 -
228
letzten Ölung. Verwandte und Nachbarn erscheinen beim Kranken, um ihn nach einmal
zu küssen, um für ihn zu beten und ihn mit Weihwasser zu besprengen. Hat der Sterbende
die Seele ausgehaucht, so betet man nnd besprengt ihn und zeigt seinen Tod dem Psarrer
und der ganzen Verwandtschaft an, die sich zahlreich am Leichenbegängniß betheiligt.
Tragen die Verwandten sonst nicht immer Tuchkleidung, zum Leicheuzuge, und wenn es
Hochsommer wäre, müssen sie in solcher erscheinen, und die nahe Verwandtschaft trägt sie
durch das ganze Jahr, die entfernteren und die Dorfbewohner nur durch einige Wochen.
Die weibliche Verwandtschaft legt über den Tuchmantel einen schwarzen oder dunklen
vom Kops bis zu den Füßen reichenden Schleier. In Jnrsici, im Bezirk Pola, tragen
die Weiber als Zeichen der Trauer ein Plaid um den Rücken; wo jedoch die städtische
Tracht schon augenommen wnrde, trägt man schwarze Kleider und schwarze Kopftücher.
Schon während der Kranke in den letzten Zügen liegt, weinen die Weiber in der Stnbe,
anfangs leise; hat er aber ausgerungen, so verfallen sie in lautes Klagen, waschen den
Todten, legen ihm seinen besten Anzug au, werfen sich auf den Leichnam und bedecken
ihn mit Küssen. Diese Wehklagen wiederholen sich von Zeit zn Zeit, so lange der Ver-
storbene auf dem Todtenbett ruht, außer während der Nacht. Lautes Weiueu erschallt
auch, sobald der Todte iu den Sarg gelegt, wenn letzterer zugenagelt wird, dann unter-
wegs überall, wo der Zug stehen bleibt, endlich bei der Leichenfeier in der Kirche, nur
uicht während der Messe. Zum Grabe selbst begeben sich nur die Männer, sie werfe»
einen Haufen Erde auf den Sarg, die Worte wiederholend: „Herr, erbarme dich seiner",
während die Frauen heimkehrend ihre Klagen meist in Liedern fortsetzen, in denen sie
besonders die Vorzüge des Seligen hervorheben und ihn bitten, alle Verstorbenen zu
grüßen. Auch bei dem üblichen Leichenmahle preist einer der Anwesenden in längerer Rede
die Vorzüge des Verstorbenen; zugleich empfiehlt man ihn dem Gebete der Armen, die an
solchen Tagen reichliche Gaben erhalten. Die hier und da üblichen Wachskerzen hält man
für besonders geweiht, während das Licht der beim Todten brennenden Öllampe noch durch
ein paar Tage im Hause des Verblichenen unterhalten wird. Die Reste des Öles werden
häufig mit Weihwasser und Brod vermengt und ins Feuer geworfen, was auf alter-
thümliche Todtenopfer hinzuweisen scheint. Es herrscht ein tiefeingewurzelter Volksglaube,
daß die Verstorbenen zurückzukehren Pflegen, um Jemandem einen Rath zu ertheile», ihm
zu drohen oder ihn zu bitten.
Sehr verbreitet ist der Glaube an die Unglückszahl 13, ebenso daß man am Freitag
oder bei der einen oder anderen Mondphase nichts beginnen soll, daß die Erscheinung der
Kometen, der Eintritt einer Sonnen- und Mondesfinsterniß Unglück bedeute, daß dem
Menschen bei der Geburt der Stern des Glücks oder Unglücks leuchte, daß eiu böser
Blick schade, daß dies oder jenes dem Menschen im voraus bestimmt sei uud es dagegen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch