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Schon in den ersten Zeiten des Erwachens der classischen Studien in Italien waren
die bedeutendsten Städte Jstriens von dein edlen Ehrgeiz beseelt, unter ihren Bürgern
diese Studien blühen zu sehen, und sie veranlaßten mit großen Opfern bedeutende
Professoren, Lehrkanzeln für die griechische und lateinische Sprache einzunehmen. Es
wurden auch einige Akademien nach dein Muster der anderen aus jener Zeit gegründet,
und unter ihnen verdient besondere Erwähnung die von Eapodistria, gegründet im
Jahre 1464, welche im Laufe der Zeit verschiedene Namen annahm und bis ins letzte
Jahrhundert hinein bestand. In ihren Anfängen ein Tummelplatz für ritterliche Kampf-
spiele, verwandelte sie sich bald in einen Mittelpunkt geistigen Lebens sür die gesammte
Provinz und nahm den Charakter und die Formen einer wirklichen literarischen Akademie
an. Es ist daher kein Wunder, daß von dieser Zeit an die gelehrten Stndien kräftig
gediehen und daß uuter Denjenigen, welchen die Wiedererweckung des Classicismns im
XV. Jahrhundert zu daukeu ist, der Capodistrier Pietro Paolo Vergerio der ältere eine
hervorragende Stellung einnimmt. Dieser Mann verdient es, den bedeutendsten Humanisten
an die Seite gestellt zu werden, da er, wie Anrispa, Poggio, Filelfo und audere berühmte
Gelehrte, nicht nur auf dem Gebiete der classischen Literaturen Lorbeern erntete, sondern
auch als Philosoph, Jurist, Historiker, Redner, Dichter uud Comödienschreiber Bedeutendes
leistete. Er starb im hohen Alter von 80 Jahren am Hofe des Königs Sigisinuud, Eiu
Zeitgenosse des Vergerio, gleichfalls ein bedeutender Pfleger der lateinischen Studien uud
der Dichtkunst war RasaelleZovenzoniaus Trieft.
Im darauffolgenden XVI. Jahrhundert wuchs die erlesene Schar der Humanisten
bedeutend an. Ein hervorragender Gelehrter war Matthias Flacins aus Alboua, ein
berühmter protestantischer Theolog, Schüler Luthers uud Melauchthous, Professor an der
Universität zu Jena. Er nahm lebhaften Antheil an den theologischen Disputationen jener
Zeit, ward aber, des Mauichäerthums angeklagt, von seinen Freunden verlassen und starb
im Jahre 1575 zu Frankfurt am Main. Seine erhaltenen zahlreichen Werke theologischen
und geschichtlichen Inhalts sind alle in einem reinen und eleganten Latein geschrieben
und liefern den Beweis, daß er in der guten Schule der Elafsiker gebildet wurde.
In demselben Geiste schrieb Pietro Paolo Vergerio der jüngere, der zuerst
katholischer Bischof in seiner Vaterstadt Eapodistria war, dann aber die Stelle eines
protestantischen Pfarrers in Granbündten bekleidete. Sein Gegner war der aus einer
capodistrischen Familie stammende Paduauer Girolamo Muz io , der ihn in seinen
»VerAerisne", obwohl nicht auf seinem eigenen Gebiete bekämpfte. Muzio war einer der
bedeutendsten italienische» Schriftsteller seiner Zeit. Sein scharfer Geist, seine vielseitige
und bedeutende Bildung, vereint mit einer treffenden Ausdrucksweise, verschafften ihm
die Gunst der Fürsten seiner Zeit, von denen viele, wie z. B. Papst Leo X., wetteiferten,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch