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Schon die Römer erkannten mit richtigem Blick die hohe Bedentnng der nördlichen
Adria. Sie unterwarfen Jstrien, sie gründeten das handelsgewaltige Aqnileja mit dem
bedeutenden Hafen — in den Gewässern des heutigen Grado — sie besaßen in Pietas
Jnlia (Pola) eine wichtige Mariuestatiou. Damals und noch das ganze Mittelalter
hindurch bis in die Zeit der Entdeckung Amerikas war alle Schiffahrt eigentlich sogenannte
Küstenfahrt. Dem waren auch die Fahrzeuge angepaßt, zu deren Bewegung man sich
außer der Segel noch vielfach der Riemen bediente. In Form nud Einrichtung der Schisse
änderte sich wenig seit der Römerherrschaft, welche noch lange nach ihrem Verfall ihre
Spnren zurückließ; wohl aber folgte dieser Zeit eine lange Periode der Unsicherheit uud
des Niederganges, und gerade die Gestade im Norden der Adria wurden nicht wenig davon
betroffen, weil der Völkersturm in stets sich erneuernde» Wogen dort vorüberbrauste. Kleiner
nnd beschränkter wurden alle Verhältnisse, kärger uud dünner die Fäden, an denen man
mit der übrigen Welt zusammenhing; die einzelnen Städte suchten, so gut es eben ging,
sich fortznsristen und gegen die Nachbarn zu behaupten. Der Begriff eines großen Staats-
wesens war verloren gegangen, die Interessen enger municipaler Kreise machten sich geltend.
Auch das Seewesen gewann einen knappen municipalen Charakter, uud da infolge der
nicht ruhenden politischen Händel die Unsicherheit zur See stieg uud keine starke Macht
zur Freihaltnng der Meere vorhanden war, hatten die Seefahrer ein hartes, arg
bedrängtes Dasei«. Die einzelnen Städte, welche sich aus der Römerzeit erhalten hatten
oder doch an römische Siedelungen anlehnten, wie Trieft, Capodistria, Parenzo, Pola,
waren nicht mehr bedeutend genug, um Ceutren eines großen Verkehrs zn werden.
Ein stärkerer Zug kam in die schiffahrtlichen Verhältnisse an der adriatischen Ostküste
erst durch den Aufschwung Venedigs. Venedig, dessen ganze Bedeutung auf seiner Stellung
zur See beruhte, nahm die Fäden auf, welche dem zusammenbrechenden Aquileja entfallen
waren. Aber sein unverwandtes Stieben nach der Hegemonie zur See rief laugaudauerude
Kämpfe hervor, da man sich nicht gerne seiner harten Herrschaft unterwarf. Der Widerwille
gegen Venedigs Herrschaft trieb Trieft in die schützenden Arme Habsburgs.
Es war sicher ein eigenthümliches Zusammentreffen, daß schon in einer Zeit, als
Venedigs Macht noch im steteu Steigen begriffen war, eine andere jugendliche Macht ihren
Arm bis zur Adria ausstreckte uud dort Interessen unter ihre Hnth nahm, welche bisher
vergeblich nach Schutz vor dem Markuslöwen ausgeblickt hatten, und daß diese Macht
berufen war, eiusteus das Erbe Venedigs zu übernehmen.
Klein waren die Anfänge habsbnrgischen Küstenbesitzes — fast nur Trieft uud sein
nächstes Gebiet, — aber von diesen Anfängen aus entwickelte sich derselbe je nach Gunst
der Verhältnisse Schritt für Schritt bis zur heutigen Ausdehnung. Ging auch der große
commercielle Zug noch lange über die Lagunenstadt und mußte auch das in Bildung
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch