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Der Pflanzenwuchs ist bereits hinlänglich angedeutet worden. Doch «sei hier auch
der Wärmeverhältnisse gedacht. Die mittlere Wärme beträgt in Ragusa nach dem hnndert-
theiligen Thermometer in Graden während des December 9 9, des Januar 9 3, des
Februar 9 8. Die gleichen Monate weisen in Meran 19, 0'3, 3 7, in Nizza 9'2, 8 2, 8 0
auf. Die eigentliche Würdigung dessen, was in dieser Hinsicht unser Dalmatien bietet,
bleibt demnach der Zukunft vorbehalten.
Wenn man von Ragusa gegen Süden fährt, so genießt man einen Anblick, welcher
sich von der Scenerie der weiter nördlich gelegenen Küsten erheblich unterscheidet. Es hört
nämlich die Weitschau auf gebirgige Inseln oder flache Scoglienrücken auf, und schrankenlos
wallt nunmehr die See gegen Abend. Zur Linken erhebt sich die Hochfläche der „Canali",
gegen Nordosten hin vom Snieznica (1234 Meter) überragt, die Heimat der seefahrenden
Canalesen. Die Felsenküste mit der ungehindert gegen sie brandenden See bereitet uns
nach und nach auf die Eindrücke vor, welche unser am Eingang in die Bocche di Cattaro
harren. Wenn man sich erlauben darf, ein Beispiel aus den Künsten anzuziehen, so ließe
sich sagen, es muthe denjenigen, welcher sich jener großen Landschaft nähert, an, wie die
Onvertnre, die eine Heldenoper einleitet. Mächtige Gipfel erscheinen. Anf ihnen haben
sich die Sagen und heroischen Phantasiegebilde des Volkes niedergelassen wie glänzende
Wolken. Die Engel, die „himmlischen Wojewoden", senken sich zu ihnen herab, um uach
dem Schicksal gottbeguadeter Menschen zu späheu, und in seinen Klüften schlafen die Greuel
der Uskoken. Auch die liebreizenden Waldfrauen, die weißen Vilen, wandeln auf ihueu
über das bethaute Geröll.
Die Küste, welche von den „Canali" abfallend sich gegen Süden hin fortsetzt, wird
in ihrem einförmigen Relief nur durch die Halbinsel Molonta unterbrochen. Endlich läuft
sie gegen Südost in die Pnnta d'Ostro — den Thorpfeiler der Bocche di Cattaro —
aus. Manchen Seefahrer, der aus den engen Gewässern dieser letzteren herauskam, bleibt
dieses Vorgebirge ein Denkzeichen höchst ungnädigen Empfanges von Seiten des
ungestümen Auster (Ostro), des Südwindes, der ihm hier bei seinem Eintritt in die offene
Adria die breiten Wogen entgegenwälzte.
Am flachen Seoglio Rondoni (Zanjca) vorüber erreicht derjenige, welcher in die
Bocche einfährt, den äußeren Theil dieser weitverzweigten Bucht, welche iu ihrer
Gestaltung und in der Umrahmung ihrer Ufer eine in der That merkwürdige Ähnlichkeit
mit dem Vierwaldstätter-See aufweist. Diese Ähnlichkeit erstreckt sich in gewisser Weise
auch auf die Überlieferungen der Meuscheu, von welchen die felsigen Ufer bewohnt werden.
Den einen wie den anderen Strand verherrlicht in« Munde des Volkes das Andenken an
alte Kämpfe, und in mancher Vorstellung, die uns übermittelt wird, schwebt über dem
einen wie über dem anderen Gehänge und Wasser der Adler unbeugsamen Freiheits-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch