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Das adriatische Meer nähert sich am meisten dem Centrum Europas, bildet gleich-
sam die Hauptpulsader unseres Kontinents und verbindet anderseits mit diesem auch den
Herd der Civilisation, nämlich den Orient und Egypten, den Ernährer der Völker.
Um das adriatische Meer herum gruppirteu sich das kunsterzeugende Griechenland, die
fruchtbare Ebene Oberitaliens, die steilen Berge Venetiens, sowie die waldreichen Thäler
der Save und der Donau.
Obgleich wir aber positiv wissen, daß Dalmatien schon dem prähistorischen Menschen
zum Wohnplatz gedient hat, so besitzen wir doch verhältnißmäßig nur sehr wenige
Zeugen jenes grauen Alterthums, da wir, mit Ausnahme der Resultate einiger localen
und nicht abgeschlossenen Forschungen, meistens nur über zufällig bekannt gewordene
Funde verfügen, die sich entweder in Privathänden oder in den Museen von Spalato
und Agram befinden. Die meisten Objecte dieser Art wurden in den drei Höhlen von
Grabak, San Pellegrino (Sveti Pelegrin) und Santa Domenica (Sveta Nedjelja)
auf der Insel Lesina (Hvar) gefunden. In ersterer fand man in den Jahren 1885 bis 1887
einige Kornqnetscher von ungeschliffenem Syenit, schön gekrümmte Feuersteinmesser, Werk-
zeuge aus Knochen, menschliche Schädel, vor Allem aber eine Menge Scherben von meist
rohen, mit primitiven Verzierungen geschmückten sehr verschiedenartigen Thongefäßen, die
ohne Scheibe hergestellt worden waren. Die Bestimmung des Alters aller dieser Gegen-
stände wird durch die mitgefundenen thierischen Überreste wesentlich erleichtert. Vom
Menschen fand man den Schädeltheil eines beiläufig zwanzig Jahre alten Individuums,
daneben Schalen von eßbaren Muscheln. Auch die zerschlagenen Knochen beweisen, daß
diese Höhle dem Menschen als ständiger Aufenthaltsort diente. Obgleich man auch solche
Knochenstücke vorfand, die unbedingt mit einem scharfen metallenen Werkzeug abgeschnitten
worden sein mußten, so war doch keine Spur von metallenen Waffen und Werkzeugen in
der Höhle zu entdecken.
Von den zahlreichen anderen Höhlen der Insel Lesina, welche prähistorische Gegen-
stände enthalten, ist am wichtigsten die Markova spilja (Markus-Höhle) auf dem
westlichen Abhang des Hügels S. Pellegrino (Sv. Pelegrin) bei Lesina. Darin fand
man nebst Scherben aus rothem, schwarzem (rußgebranntem) Thon auch einige Gefäße
mit eingeritzten unregelmäßigen Linien, darunter insbesondere drei Stücke, welche statt
des Henkels ein durch die Dicke der Topswaud und mit dieser parallel gezogenes Loch
ausweisen, welches gewiß dazu diente, die Töpfe mittels einer Schnur oder eines Leder-
riemens aufzuhängen. Es wurden ferner Werkzeuge aus Feuerstein, Semiopal und Jaspis
vorgefunden. Sehr häufig waren Pfeilspitzen, Lanzenspitzen, krumme und gerade Messer,
dann Beinwerkzeuge, wie Pfriemen, Meißel, ein- und zweispitzige große Nadeln n. s. w.
Von Metall aber kam keine Spur vor, ebensowenig von Getreide oder anderen Nahrungs-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch