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so hat er dies zu thun. Jedeu Abend Pflegt er anzuordnen, was am nächsten Tage zu
geschehen habe. Des Morgens ist er zuerst auf deu Beinen, um die am vorigen Tage
ertheilten Befehle in Ausführung bringen zu lassen: er rüstet die Feldarbeiter aus, unter-
sucht ihre Werkzeuge, füllt ihre Flaschenkürbisse und Tovarije genannten Wassergefäße,
ihre Lederflaschen und Kannen und gibt ihnen Nahrungsmittel in die Torben (Säcke).
Gewöhnlich geht er selbst mit und arbeitet in ihrer Gesellschaft. Bei Tische sitzt er am
Ehrenplatz, ißt jedoch gewöhnlich aus derselben Schüssel und trinkt ans derselben Kauue
wie das übrige Hausgesinde. Er vertheilt bei Tische das Fleisch, den Käse, den Fisch und
trachtet jedweden zufriedenzustellen, wobei er selbst nicht selten zu kurz kommt, woserne ihm
nicht, wie dies oft geschieht, die Hausgeuosseu, insbesondere die Mädchen uud die juugeu
Schwiegertöchter mit einander wetteifernd, von ihrer Portion den besten Theil zuweisen.
Wie der Hausvater die Aussicht über die Feldarbeiter führt, so ist die Hausfrau die
Leiterin der häuslichen Geschäfte. Fest davon überzeugt, daß „das Haus nicht ans dem
Boden, sondern auf der Frau stehe (ne swji kueu n u v e e na Len!)", hält sie sich
stets im Hause auf, um rechtzeitig die Mahlzeit, das Vesperbrod und das Abendmahl
fertig zu stellen, um dem Hirten, dem vorbeiziehenden Wanderer, Verwandten, Freund,
Bettler als Wegzehrung etwas in den Sack zu stecken, um das Haus iu Ordnung zu
erhalte«, um Kleider, Decken, Säcke, Seile zu untersuchen, ob Alles gewaschen und geflickt
und im Nothfall zum Gebrauch bereit sei. Sie führt den Namen ihres Gemals; heißt
nämlich ihr Mann Pero (Peter), Jnro (Georg) oder dergleichen, dann heißt sie entsprechend
etwa Kate (Katharina) Perova, Mande (Magdalena) Jurina. Häufig siud auch die Kinder
nach dem Namen des Vaters benannt; so heißen die Kinder eines Mannes Namens Pasko
Paskici, die des Mile Milici. Die Hausfrau hat vor Allem mit den Kindern zu schasseu;
während die übrigen erwachsenen, sowohl männlichen als weiblichen Personen tagsüber
fern vom Hause ihrer Arbeit nachgehen, zankt nnd schilt sie daheim und lehrt die Kinder
beten. Der Hausherr und die Hansfrau achten auf jedes Kiud und haben das Recht es zu
züchtigen, mag es ihr eigenes sein oder der in ihrem Hause lebenden Verwandtschaft
angehören. Der Hausherr wird vou Jedermann geehrt, jeder erhebt sich von seinem Sitze,
um ihm Platz zu machen. In seiner Gegenwart pflegen die jüngeren Leute leiser zu spreche»
und nicht zu rauchen. Allerdings mnß in wichtigeren Fällen der Hausherr auch mit seinen
Leuten sich beratheu und ihnen über Einnahmen und Ausgabeil Rechenschaft ablegen.
Diese Art und Weise der Verwaltung geräth jedoch allmälig in Verfall, seit die Frauen
ihren Antheil am Vermögen zu beheben pflegen und mit der Armuth sich Uneinigkeit in
die Familie eingeschlichen hat.
Das Familienleben hat einen ernsten Anstrich. Ist einmal der Hochzeitsschmaus
vorbei, so hat auch das Liebkosen ein Ende. Das junge Weib geht mm Tag für Tag in
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch