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Heeres zur Darstellung bringt. Zu Beginn des Spiels bringt der christliche Führer in
einer Rede die Widmung an die gefeierte Persönlichkeit oder Gelegenheit dar, und in
gleicher Weise spricht er am Schluß in einer ähnlichen Rede den Zuschauern seinen Dank
aus, dazu eine Begrüßung der gefeierten Persönlichkeit oder Gelegenheit fügend. Auf
Curzola kam dieses Spiel wahrscheinlich deßhalb auf, weil diese Insel am häufigsten von
Piraten aus Algier heimgesucht wurde, welche denn auch daselbst einmal aufs Haupt
geschlagen wurden. Doch gelangten in früheren Zeiten sowohl die Cnrzolaner Moreska als
die Sinjer Alka auch in anderen dalmatinischen Städten zur Aufführung.
Zu den Volksspielen können auch die kirchlichen Darstellungen gerechnet werden, wie
z. B. das Martyrium des heiligen Lanrentins in Vrbanj auf der Insel Lesina, dann „die
Klage der Mutter Gottes" und die „Vorstellung des Engels" in Castelli. Diese Spiele
gleichen den italienischen Mysterien und den deutschen Passionsspielen.
Im Martyrium des heiligen Laureutius wird auf dem Platze vor der Kirche ein
Richterstuhl aufgestellt, auf welchem der römische Prätor sitzt, umgeben von seinen Dienern,
Soldaten und Beamten. Bei demselben wird eine Anklage gegen den heiligen Diacon
Lanrentius vorgebracht, der Hüter des Kirchenvermögens ist. Der Prätor läßt den Diacon
vor sich bringen, fragt ihn nach dem Vermögen aus und schilt ihn, weil er es nicht heraus-
geben will. Er vernimmt dann die Zeugen und beschließt die Verhandlung mit der Ver-
urteilung des Heiligen zum Martertod in der bekannten Weise, auf dem Roste. Dies Alles
wird in beständiger Abwechslung von Handlung und Dialog dargestellt; der letztere ist in
achtfüßigen Trochäen abgefaßt.
Die „Vorstellung des Engels" geschieht in der Kirche am Gründonnerstag nach-
mittags. Zunächst tritt ein Kirchensänger auf die Singstätte und beginnt in einer eigenartigen
Gesangsweise zu erzählen, wie Christus nach dem Abendmahl auf den Ölberg ging, wie er
zu beten und vor Pein Blut zu schwitzen begann. Darauf tritt der Engel vor, das heißt
ein als solcher gekleidetes Kind oder auch eine Puppe aus Holz und zeigt nach der Reihe
die Werkzeuge der Marter des Erlösers. Dazwischen gedenkt der Sänger mit an den
Engel gerichteten Worten der Leiden, welche diese Werkzeuge Jesu verursachten, und schließt
mit einer Ermahnung an die Zuhörer, dieser Leiden eingedenk zu bleiben.
In der „Klage der Mutter Gottes" agirt nicht ein Sänger allein, sondern so viele, als
überhaupt in diesem Kirchenspiel Personen dargestellt werden: Maria, Jesus, Johannes,
Peter, Judas, Pilatus u. s. w. Am Eharsreitag nachmittags versammeln sich die dazu
bestimmten Kinder und fingen, so wie die Reihe an sie kommt, voni Chor aus jedes seine
Rolle herunter. Auch diese Gesänge sind in achtfüßigen Trochäen abgefaßt. Dergleichen
Dialoge werden in verschiedenen Kirchen auch bei anderen festlichen Anlässen vorgetragen,
so zu Weihnachten, am Dreikönigstag, zu Ostern n. s. w.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch