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und zwar bei weitem mehr als die der übrigen Städte Dalmatiens; denn abgesehen
davon, daß viele Männer und Frauen, namentlich vom Adel, italienische Tracht haben,
sprechen die Männer auch ganz gelänfig die lin^ua tranca uud haben tüchtige Bildung,
was, wie mir scheint, von dem großen Znlanf der Fremden herrührt." ' Der venetianische
Commissär erwähnt Ragusa nicht, welches von Venedig unabhängig war, weswegen
denn auch der fremde Einfluß daselbst sich weniger bemerkbar macht.
Die hervorgehobene Beeinflussung des nationalen Lebens in den dalmatinischen
Städten durch die Veuetianer dauerte auch die nächsten 250 Jahre ihrer Herrschaft mit
steigender Kraft fort, ja überlebte sogar die venetianische Herrschaft. Als am Ausgang des
vorigen Jahrhunderts die Wiener Regierung an Stelle der venetianischen trat, behielt sie
init geringen Ausnahmen die srüheren Einrichtungen nnd damit anch die italienische
Sprache in Amt und Schule, iu einigen Ämtern sogar die venetianischen Beamten bei.
Dadurch wnrde das in die Städte eingedrnngene Element beibehalten und gestärkt, was
dann iu noch höherem Grade dnrch die französische Regierung geschah, welche zu Ausang
unseres Jahrhunderts an die Stelle der österreichischen trat. Die Franzosen führten in die
Städte Dalmatiens ihre Tracht ein, beziehungsweise ließeu sie dieselbe dort zurück, wie
sie sich ja auch über ganz Europa verbreitete. In sprachlicher Beziehung begünstigten sie
jedoch nicht so sehr das Französische als das Italienische, indem sie Dalmatien mit dem
Königreich Italien verbanden und mit Beamten italienischer Nationalität versahen.
Als nach der französischen abermals die österreichische Regierung zur Macht gelaugt
war, schwand durch die Vermehrung der Schulen und Ämter, in welchen die italienische
Sprache nebst vielen italienischen Beamten beibehalten ward, das nationale Leben in den
Städten immer mehr und nahm einen immer einheitlicheren italienischen Charakter an.
Das städtische Leben führt selbst ohne fremden Einfluß anf allerlei Handel und
Handwerk, und dadurch unterscheidet sich auch die städtische Bevölkerung von der übrigen;
indeß sind in den dalmatinischen Städten auch vielfach Ackerbauer angesiedelt nnd machen in
einigen derselbe» sogar die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung aus. Der Grund
liegt in den Überfällen von Seiten der Türken, welche den Ackerbaner zwangen, hinter
den Stadtmauern Schutz zu suchen. Diese Ackerbauer brachten insgesammt ihre nationalen
Bräuche in die Stadt mit und halten, so gut es geht, noch heutzutage daran fest. Ans
den Familien jedoch ist in den Städten das patriarchalische Leben ganz geschwunden, die
Wohnung, Wohnungseinrichtung und Nahrung ähnelt mehr der italienischen. Auch die
Gesellschaftsverhältnisse sind nach fremdem Muster eingerichtet und eigenartige nationale
Bräuche bei kirchlichen nnd häuslichen Festlichkeiten aufgegeben.
' Lesina war, wie später Lifsa, Krieqshafen und Standplatz der venetianischen Kriegsmarine.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch