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Literatur so viel verdankten und oft während ihres langen Aufenthalts in Italien das
schöne Land achten und lieben gelernt hatten, sich angeregt fühlten, in einer Sprache zu
schreiben, die ihnen nicht blos angelernt, sondern vielmehr eine zweite Muttersprache war.
Ragusa, die blüheude Stadt, welche Dank ihrem unabhängigen Staatswesen materielle
Wohlfahrt mit eiuem hoch ausgebildeten Sinn für alle idealen Bestrebungen vereinigte,
eignete sich am besten zum Herde eines solchen zwiefachen Reflexes der classischen Dichtung
Italiens. Doch nicht ausschließlich; so haben wir z. B. schon aus dem Ende des XV. Jahr-
hunderts Kunde vou Girolamo Popali aus Spalato (geboren 1460), der italienische
Gedichte verfaßte. Auch rührt das älteste literarische Deukmal in italienischer Sprache,
welches auf uns gekommen ist, von Pietro Ektorevich aus Lesiua (geboren 1487) her. Es
ist eine Epistel, worin er Boccaccios kunstvolle Prosa nicht ohne Geschick nachahmt. Ans
der Reihe der ragusauischeu Dichter seien erwähnt: Savino Bobali, der mit Männern wie
B. Varchi und A. Mannzio in lebhaftem Verkehr stand und dessen Sammlung von Liebes-
gedichten und Satiren wiederholt aufgelegt wurde; ferner Francesco Lnccari, Domenico
Slatarich, Domenico Ragnina nnd Michele Monaldi. Auch Fraueu betheiligten sich an
dem literarischen Leben, so Ginlia Bona und Floria Znzzeri, letztere eine jener anziehenden
Gestalten, wie sie die italienische Renaissance hervorbrachte. Sowohl am medicäischen
Hofe wie in ihrer Heimat vereinigte sie, Anregung spendend und empfangend, die edelsten
Geister um sich. Im benachbarten Cattaro verdient Lodovico Pasqnali Beachtung;
manche seiner Canzonen und Sonette ragen über das gewöhnliche Maß der frostigen Nach-
ahmung Petrarcas hinaus und sind von wahrhaft empfundener Leidenschaft durchglüht.
In Cittavecchia siudeu wir Anuibale Lucio, dessen Gedichte 1556 zu Venedig erschienen.
Jene wenig erfreuliche Kunstgattung, welche, vom Amadis de Ganla herfließend,
das westliche Europa mit laugathmigeu und langweiligen Romanen überflutete, hat iu
Italien uie rechte» Boden gefunden; daß Gian Francesco Biondi aus Lesiua (geboreu
1572) sich gereizt fand, drei solche, mit einander im Zusammenhang stehende Erzählungen
abzufassen, erklärt sich aus seinem langen Aufenthalt iu der Fremde. Er hatte sich
nämlich, nachdem er der venetianischen Republik wichtige, mit Undank gelohnte Dienste
geleistet, nach England begeben, wo er bei König Jakob I. hoch in Ansehen stand. Wichtiger
als seine Romane und Gedichte ist seine Geschichte der Kriege zwischen den Häusern Jork
und Lancaster.
Poesie, Rhetorik und vor Allem specnlative und experimentelle Philosophie trieb
Francesco Patrizio (1529 bis 1597) aus Eherso, den wir, da die quaruerischeu Juselu
bis zum Anfang dieses Jahrhunderts zu Dalmatieu gehörten, hier anzuführen wohl
berechtigt sind. Ein kühner Denker, wagte er sich an die schwierigsten Probleme der
Philosophie, deren Lösnng er, wenn auch nicht immer fand, doch oft richtig ahnte;
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch