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etwas Eigenthümliches zeigt, und das ist die Mundart von Ragusa. In Ragusa hat sich
die slavische Sprache, die übrigens hier wunderschön klingt, mit der italienischen, man
könnte sagen, beinahe verschwistert, so daß es schon längst in den Schwung gekommen ist,
die erstere gewöhnlich nur mit der italienischen gemischt, und zwar so zu sprechen, daß in
der Rede slavische Worte und Sätze regelmäßig mit italienischen abwechseln, oder was
auch häufig vorkommt, daß italienische Worte eine slavische Färbung bekommen und statt
echter slavischer gebraucht werden.
Die serbischkroatische Sprache Dalmatiens sondert sich in zwei Hauptzweige oder
Dialecte, die man in der Wissenschaft (nach dem für das Fragepronomen „was" üblichen
Ausdruck öa oder sto) mit den Namen Cakavisch (ea-Dialect) und Stokavisch (sto-Dialect)
zu bezeichnen pflegt und welche zu einander im Verhältniß zweier nahe verwandter Sprech-
arten stehen, von denen die erstere in vielen Punkten nur eine ältere Periode der Sprach-
entwicklung uns darstellt und sich an das Slovenische mehr anlehnt, vom Stokavischen sich
aber auch durch eine gewisse Verweichlichung unterscheidet.
Die größere Alterthümlichkeit des ea-Dialectes dem sto-Dialect gegenüber zeigt sich
am auffallendsten in der Betonung und in einigen Formen und Lauten, weniger in
Syntax und Wortschatz. Die Verweichlichung der cakavischen Mundart gegenüber der
stokavischen, welche wohl auf dem Einflüsse der italienischen (venetianischen) Sprache
beruht, tritt besonders in folgenden Lauterscheinungen zu Tage: 1. Die Lautgruppen ch
und h werden nach Ausfall des ä, refpective I, in j geschwächt, so sagt man z. B. statt
xrech'a (Garn) prHa, statt I.jn6i (Menschen) MÜi; 2. auslautendes m wird fast durch-
gehend zu n und auslautendes I fällt hänfig ab, z. B. statt sinvm (mit dem Sohne),
vickiin (ich sehe) u. s. w. wird sinon, vickin gesprochen; 3. v schwindet in vielen Fällen
vor wie nach Consonanten, so wird z. B. für vöera (gestern), svekrva (Schwiegermutter),
öetviti (der vierte) und andere eera, sekrva, eetrti ausgesprochen; 4. ek geht in ZK,
ek in sk über, z. B. statt in-töku (Katze) krvaeki (kroatisch) u. s. w. spricht mau masko,
krvaski; 5. in einigen Gegenden und Orten, wo das Italienische mehr zu Hause ist, wird
auch die Aussprache der Palatallaute c, 2 und Z und des silbenbildenden r selten gefunden
und z. B. öa (was) und kiv (Blut) wird ca (daher für die Bewohner dieser Gegenden
der Name Cakaver) und kerv, (Weib), suina (Wald) ungefähr suinü aus-
gesprochen. Als eines der allerältesten Unterscheidungsmerkmale der cakavischen Sprechart
in Dalmatien wird von den meisten Slavisten der sogenannte Jkavismus, das heißt, die
Vertretung des alten e durch i angesehen, die aber keine ausschließlich cakavische Sprach-
eigenthümlichkeit mehr bildet. — Das wäre die allgemeine Charakteristik des ea-Dialectes
in Dalmatien und wohl auch anderwärts; selbstverständlich haben einzelne Orte, besonders
aber auf den Inseln, außerdem noch ihre sprachlichen Besonderheiten.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch