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Demselben Stil, wenn auch etwas späterer Zeit, gehört das Taufbecken im Baptisterinm
zu Spalato an, doch ist auch dieses sichtlich aus Fragmenten zusammengesetzt.
Das auch in seinem Aufbau erhaltene älteste Bauwerk der nachrömischen Periode
in Dalmatien ist aber die Kirche S. Donato in Zara. Sie ist ein Rundbau mit ring-
förmigem Seitenschiff, das sich in zwei Etagen erhebt und von welchem in jedem Stock-
werk drei halbkreisförmige Apsiden hinausgebaut sind. Die Kuppel ist eingestürzt, das
Gebäude seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts dem Cultus entzogen. Der Jnnenranm
von S. Donato mit seinen Gallerten und Apsiden, seinen derben Pfeilern und Mauer-
massen macht aber auch in seinem gegenwärtigen Zustand nach seiner neuerlichen
Restauriruug einen großartigen, überwältigenden Eindruck. Die Erbauung der Kirche
dürfte in das IX. Jahrhundert fallen, nach Beendigung des Streites zwischen Karl dem
Großen und Kaiser Nikephorns, in die Zeit, welche nach dem Friedensschluß in Aachen,
810, bessere Tage für Zara und Dalmatien brachte. Bischof Donatns ist der Erbauer der
Kirche und ihm, einem vielgereisten, hochgeschätzten, um die Geschichte seines Vaterlandes
verdienten Mann, mag es zu danken sein, daß in Zara eine Kirche entstand, die dem Tom
von Spalato nicht viel nachgeben sollte. Ihm, der die Kirchen Ravennas, Eonstantinopels
und den Dom von Aachen kannte, dürfte auch die Idee des Baues zu danken sein, der eine
Zwischenstellung einnimmt zwischen den altchristlichen Baptisterien und den byzantinischen
Kuppelbauten. Der Bau der Kirche war ein kühnes Werk. Sie wurde thatsächlich auf
römischen Trümmern errichtet. Die Mauern und Pfeiler stehen auf Säulentrommeln,
Gebälk und Jnfchriftstücken, die ohne Verband nur hingerollt und hingelegt, wie es eben
kam, die Unterlage bilden mußten. Heute, wo diese Bruchstücke bloßgelegt sind, auch die
alte römische Pflasterung schräg durch die Kirche sich ziehend sichtbar wird, kauu jeder
Techniker, ja jeder Laie die Kühnheit oder den Muth des Baumeisters anstaunen, der
auf solcher Unterlage einen Kuppelbau errichtete. Kirche und römische Reste zusammen
bilden heute als interessantes Gehäuse des Museums S. Donato eine Sehenswürdigkeit
ersten Ranges.
Überblicken wir nun vorerst die folgenden Kirchenbauten Dalmatiens in ihrer
Gesammtheit, so kommen wir zu der Überzeugung, daß dieselben den verschiedensten
Einflüssen von auswärts in ihren Formen Ausdruck geben. Byzantinische, romanische,
gothische, Renaissance- und Barockbauten sind in mehr oder weniger reicher Zahl an den
Küsten des Festlandes wie auf den Inseln erhalten und geben Belege dafür, daß
Dalmatien, an einer lebhaften Verkehrsstraße zwischen Orient und Occident gelegen, im
wechselnden Besitz verschiedener Nationen und Mächte stehend, sowohl westindischem als
auch byzantinischem Einfluß sich nicht verschloß. Die dalmatinischen Bauten werden uns
keinen neuen Stil, keine für sich abgeschlossene Eigenthümlichkeit im Großen nnd Ganzen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch