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der Einheit des dortigen Flächenmaßes, „soläo äi terra" genannt, gleichkam und
400 Schritte maß. Der Grundherr erhielt als Anerkennung seiner absoluten Herrschaft
über den ,soläc> äi tsrra" vom Bauer eine Abgabe (pvklon genannt), welche in Zicklein,
Eiern, Hühnern u. s. w. bestand. Der Gutsherr durfte aber den Bauer nach Willkür
sowohl aus dem Hause als auch von dem »soläo cli terra« jagen, wenn er denselben für
die Verbesserungen, die er etwa vorgenommen hatte, entschädigte. Nachdem die Republik
Ragusa mit ihrem Gebiete am 27. Januar 1814 unter die österreichische Herrschaft
gekommen war, wnrden die Verhältnisse des Grundbesitzes lind der Landbevölkerung mit
den Anforderungen der Neuzeit mehr in Übereinstimmung gebracht und den Bestimmungen
der österreichischen Gesetze angepaßt.
In ganz Dalmatien besteht nunmehr das Colonat. Der Gutsbesitzer tritt jenen Theil
seines Bodens, den er nicht auf eigene Rechnung bearbeitet, an Bauern zur Bestellung ab,
welche ihm dafür einen Theil des Natnralertrags, je nach den localen Verhältnissen ein
Fünftel bis znr Hälfte, überlassen. Der Colone erwirbt kein festes Anrecht auf den Boden,
der ihm vom Eigenthümer zur Bearbeitung überlassen wird; dieser hinwiederum kann sein
Recht, eine gewisse Quote des Ertrags einzuhebeu, von dem Augenblick an nicht ausüben,
wo die Möglichkeit nicht mehr vorhanden ist, bestimmte Pflanzenarten zu produeireu.
Die österreichische Regierung ließ es sich viel Geld uud Mühe kosten, um die
Agrikultur in Dalmatien zu heben. Wenn die Resultate nicht vollständig ihren guten
Absichten entsprachen, so ist dies verschiedenen Umständen zuzuschreiben, besonders der
Geringfügigkeit des Capitals, das auf den Landbau verwendet werden kann. Der Zins-
fuß beträgt in dieser Provinz 8 Procent in den Städten und bis 20 Procent in den
Distrieten. Die Hoffnung, daß nach Einführung der Gruudkataster — an denen es in
dieser Provinz ganz fehlte — der Agrarcredit steigen werde, erwies sich bisher als
trügerisch. Dieser Mangel an Bodencredit und infolge dessen an Capital in einem eminent
ackerbautreibenden Lande, wie es Dalmatien ist, entzieht demselben die Möglichkeit, seine
Agrieultur zu vervollkommnen, und so liefern Thäler uud Ebenen von bedeutender Aus-
dehnung, welche aus Alluvialboden von bester Beschaffenheit bestehen, ein nur geringes
Erträgniß, da den Eigenthümern die zur Verbesserung uud Draiuiruug des Bodens noth-
wendigen Capitalien fehlen. Die Ackergeräthe befinden sich im Allgemeinen noch in einem
sehr primitiven Zustande; landwirthschaftliche Maschinen sind vollständig unbekannt; für
die Hebung der Thiergattnugen wird wenig oder nichts gethan; Kunstdünger, den mau
wegen der unbedeutenden Stallwirthschaft so nothwendig brauchte, kann man sich nicht
verschaffen, da man auf deu Grund und Boden keine Capitalien aufnehmen kann. Zu dem
Mangel an Geldmitteln gesellt sich der Mangel an theoretischer und praktischer Kenntniß
des rationellen Ackerbaues. Der Laudmann baut seinen Boden noch immer so, wie es
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch