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Ofen und j?est vor der Katastrophe von
In Legenden, Chroniken und Urkunden wird die Hauptstadt wohl auch vor der
Mitte des XII. Jahrhunderts hier und da erwähnt, doch sind jene Schriften sämmtlich
keine gleichzeitigen und daher zweifelhaft. Ob wir sie nun annehmen oder verwerfen
wollten, wir müßten es motiviren, dies aber würde uns zu gelehrten Erörterungen
zwingen, welche hier nicht am Platze wären. Nur eine nnbezweifelbare Angabe aus dem
Jahre 1046 sei erwähnt. Bei dem Aufstande, dessen Zweck die Abschaffung des Christen-
thums war, erlitt der aus Italien stammende Bischof Gerhard am Fuße des Pester
Berges (später Gerhardsberg) den Märtyrertod. Bei Pest befand sich die Hauptüberfuhr
des Landes, wohin damals der aus Polen kommende König Andreas I. eilte.
Und es dauerte lange, bis Ofen und Pest sich zur wirklichen Stadt im mittel-
alterlichen Sinne des Wortes aufschwangen. Insofern in den Staaten des Mittelalters
von königlichen Residenzen die Rede sein konnte, hatten vor 1241 Gran und Stnhlweißen^
bürg den Vorrang. Die ungarische Nation ist die erste, die im Rahmen der Karpathen
ein beide Ufer der Donau umfassendes Reich bildete. Sie hielt es nicht für nothwendig,
wie einst die Römer, die Douauliuie zu bewachen und den Verkehr zn sichern, da kein
feindlicher Nachbar denselben dauernd bedrohte. Auch war das magyarische Element seiner
Bewaffnung nach als leichte Reiterei nicht danach angethan, sich hinter Festungsmauern
zu vertheidigen. Und ein städtisches Biirgerthum konnte sich weder aus Magyareu, noch
Slaven entwickeln. Dieses Element mußte von außen herangezogen werden, ans dem
westlichen uud südliche« Deutschland, aus Flandern und zum Theil aus Italien. Die
massenweise Einwanderung begann mit den Kreuzzügen. Um die Mitte des XII. Jahr-
hunderts kommen auch die Sachsen nach der Zips und Siebenbürgen.
Als im Jahre 1147 das zweite Kreuzheer durch Ungarn zieht, schreibt der Bischof
von Freising als Augenzeuge, ein steinernes, ja hölzernes Haus sei in Ungarn selbst in
den sogenannten Städten eine Seltenheit. Und doch mußte er Raab, Gran und entweder
Ofen oder Stuhlweißenburg gesehen haben. Indeß erscheint Ofen schon 1156 als Sitz
einer Propstei, eines Kapitels. Noch im XII. Jahrhundert hatte Ofen auch ein königliches
Schloß. Während des dritten Kreuzzugs, 1189, residirt König Bela III. wohl in Gran,
wo er deu deutschen Kaiser Friedrich Barbarossa mit großem Prunk empfängt, doch begibt
er sich von dort mit seinem Gaste nach Ofen, wo sie vier Tage lang jagen. Ofen erscheint
also neben Gran ähnlich wie später Visegräd neben der Ofener Burg oder heutzutage
Gödöllö. Zu jener Zeit gab es dort mehr dichten Forst und Hochwild als später.
Im Februar 1241 werden die Großen des Reiches durch Bela IV. hierher ein-
berufen. Der König rief das ganze Land zu den Waffen, um den drohenden Mongolen-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch