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einfall abzuwehren. Doch wurde das Heer, 11. April 1241, am Sajöflnß vollständig
geschlagen. Jeder Hoffnung ans einen Sieg in offenem Felde mußte entsagt werden.
Burgen aber hatte das Land sehr wenige. Kleinere Befestigungen wurden vou den
Mongolen durch Wurfmafchiueu erschüttert uud durch Brandpfeile von bisher unerhörter
Wirknng in Flammen gesetzt; dies war auch das Los der uugarischen Wagenburg am Sajö.
Nach der großen Niederlage löste sich das Hauptheer des Landes auf. Rettung war
das einzige Losungswort. Ein großer Theil der Bevölkerung Pests flüchtete sich an das
Ofener Ufer, darunter auch die Mitglieder des Dominicanerordens. Die Trümmer des
am Sajö geschlagenen Heeres aber und die Bewohner der benachbarten Landstriche
strömten zu Tausenden uach Pest, wo sie durch die Pester Fährboote nur sehr laugsam
an das jenseitige Ufer geschafft werden konnten. Rasch, vielleicht noch im April, kam
das verfolgende Mongolenheer nachgerückt. Die improvifirten Schutzwerke des iu Pest
zusammengepferchten Volkes durchbrach es schon nach drei Tagen und richtete ein furcht-
bares Blutbad an. Etwa zehntausend Meuscheu drängten sich in der Umhegnng des
Dominicanerklosters als letztem Zufluchtsort zusammen, aber sie konnten der Menge und
deu Brandgeschossen der Mongolen nicht widerstehen.
Pest lag in Asche und verödete. An das jenseitige Ufer konnten die Mongolen erst
nach etwa zehn Monaten gelangen, als der Strom unglücklicherweise zufror. Nuu mußte
Ofen das Schicksal Pests theilen. — Jenseits der Donau kouuteu sich mir die Citadellen
von Gran, Pannonhalma und Stuhlweißenburg behaupten. Offenbar war weder Pest,
noch Ofen eine Stadt im vollen Sinne des Wortes, da es für eine solche im Mittelalter
wesentliche Bedingung war, daß sie mit starken Mauern und Wehrthürmen umgeben sei.
Davon abgesehen war Pest schon zur Zeit des Tatareneinfalls nach der glaubwürdigen
gleichzeitigen Chronik nicht nur eine große, sondern die reichste deutsche Ortschaft; außer
den ismaelitifcheu Geschäftsleuten des Ostens war sie von deutschen Ansiedlern bewohnt.
In der Zeit vor dem Mongoleneinfall waren folgende drei Theile der jetzigen
Hauptstadt besiedelt: das heutige Alt-Ofen, die heutige Raitzenstadt, gleichfalls am rechten
Ufer und das linksseitige Pest. Alt-Ofen (O-Bnda) wird damals auf Magyarisch „Lucka"
genannt und das dortige Kapitel heißt bis zur Niederlage bei Mohäcs uur Kapitel von
Buda, nicht von O-Bnda. Die gleichfalls am rechten Ufer liegende heutige Raitzenstadt
hieß auf magyarisch Pest. Pest hieß aber auch das linksseitige, das heißt jetzige Pest:
jenes Kleiu-Pest, dieses Groß-Pest. Auch eiueu besonderen deutschen Namen hatte jede der
drei Städte im XII. und XIII. Jahrhundert und noch weiterhin. Das heutige Alt-Ofen,
das Buda vor dem Tatarenzug, heißt bis zur Schlacht bei Mohäcs auf Deutsch Etzelb urg.
Der deutsche Name des alten Pest ist ebenso dauernd Ofen oder, wie man zu schreiben
pflegte, Oven, vermuthlich die Übersetzung des Wortes Pest.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch