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über das Los ihres Gatten nichts wissen konnte, seinen Tod jedoch beinahe als sicher
voraussetzen mußte, schritt bei nachtschlafender Zeit zu Fuß durch das Burgthor, begleitet
von den Palastdamen, welche Laternen in den Händen trugen, und schlug den Weg nach
Logod, der jetzigen Christinenstadt ein, denselben, der gegen Raab und Wien führte. Dort
scheinen Kutschen auf die Dameu gewartet zu habeu. In derselben Nacht, vom 30. zum 31.,
rettete sich der angesehenere Theil der deutschen Bürgerschaft mit seinen Schützen auf
Donaufahrzeugen, iu tiefem Geheimniß, damit nicht die ungarischen Bürger es merkten
und ihr Unternehmen vereitelten. Als die ungarische Bürgerschaft dann vernahm, daß der
Sultan nordwärts ziehe, unterwegs Alles plündere und verbrenne nnd das waffenlose
Volk uiedermetzelu lasse, da zerstreute sie sich in zwei bis drei Tagen ebenfalls. Die Stadt
blieb verödet; nnr die ärmste Klasse uud ein Theil der Jude» rührte sich nicht von hinnen.
Die berühmte Beste Ofen, die nur zu dem Zwecke vou Bela IV. erbaut und von
König Sigismnnd neu befestigt wordeu war, um als Bollwerk gegen Mongolen, Tataren
uud Türken zu dienen, war nnn nicht einmal so viel werth als die Wagenburg zu Maröt.
Der Hauptgrund davon war, daß weder das Reich, noch die Stadt einen energischen und
hinreichend angeseheueu Führer besaß. Au Kraft hätte es uicht gefehlt, deuu schou am
Tage der Schlacht bei Mohäcs war ein böhmisches Hilfsheer, das sich trefflich zur
Besatzung der Festung geeignet hätte, bis Stuhlweißeuburg und Raab gelangt.
Der Sultau ließ sich mit seinem Hofstaat im Königsschlosse nieder. Alles Werth-
volle, selbst die im Hofe stehenden Statuen nnd die Reste der Matthias-Bibliothek, ließ
er zur Mitnahme auf Schiffe ladeu.
In der bürgerlichen Stadt, dem bis dahin als „schätzereich" bezeichneten Ofen,
fanden die Jauitscharen nichts zn rauben. Das isolirte königliche Schloß, die Residenz des
Sultans, tasteten sie nicht an. Wohl aber steckten sie die Stadt in Brand, und sie brannte
drei volle Tage lang. Es war dies nicht ein Werk des Zufalls oder der plötzlich
erwachteu Wuth der Soldateska, sondern es geschah auf eine Verordnung hin: unter
einem Anführer waren eigens 300 Soldaten als Brandleger hinausbeordert. Nach dem
Brande ragten nur die Schornsteine der Häuser aus Asche uud Trümmern empor. Auch
das ganze Archiv von Ofen und Pest fiel dem Feuer zum Opfer.
Die Türken bauten eine Schiffsbrücke zwischen Ofen und Pest. Über diese zog
das Riesenheer vom 18. bis zum 23. September. Doch brach unter der Nachhut die Brücke
eiu und viele Türken ertranken. Die nicht geslüchteten Ofner Juden ließ der Sultan zu
Schiffe iu sein Reich abführen nnd dort in verschiedene Städte vertheilen.
Nachdem die Türkenflut vorübergerauscht, war es dem Siebenbürger Gotthard
Kun, einem Anhänger Szapolyais, leicht, das nnn wirklich ganz verödete Ofen zu
besetzen, desgleichen Gran, dessen Erzbischos ans dem Mvhäcser Felde gefallen war.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch