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vorüber war, wo in Festungen und Städten die bürgerliche Besatzung die Hauptrolle
spielen konnte. Nun bedürfte es einer stehenden Truppe vou Söldnern, Musketieren und
Kanonieren.
Je langwieriger und zäher die Vertheidigung Ofens war, desto mehr fiel auch dem
Sultan diese Widerstandsfähigkeit auf. Nachdem er in den Jahren 1526 und 1529 es
nicht der Mühe werth erachtet, Ofen zu besetzen, zog er jetzt mit der Absicht heran, es für
die Dauer zu erwerben, und zwar womöglich durch List, ohne Menschenverlust.
Am 31. Juli kam das Heer Mehemet Paschas vor Ofen an, es bildete gleichsam
den Vortrab des Hauptcorps. Die Festung war sofort entsetzt, Frater Georg und
Mehemet Pascha reichten sich die Hände. Man konnte die Festung durch die geöffneten
Thore allsogleich verproviantiren. Ja die Besatzung unter Valentin Török machte sogar
einen Ausfall gegen das deutsche Heer. Nun wurde das Heer Roggeudorfs der belagerte
Theil. Es hatte sein verschanztes Lager ans dem Blocksberg und dessen Südabhang.
Seine starke Flottille erhielt die Verbindung mit Pest aufrecht, das sich noch immer in
Ferdinands Gewalt befand. Einerseits wurde er durch Mehemet, auderfeits durch
Valentin Török bestürmt. Da hieß es denn sich zurückziehen, da auch das Hauptheer des
Sultans uahte. Der deutsche Feldherr hatte unterhalb des Blocksberges eine Schiffbrücke
bauen lassen, die aber, als sie schou fertig war, durch den Sturm weggerissen wurde. Die
Magyaren iu Roggendorfs Heere und deren leitender Mann, Perinyi, drangen darauf,
mit Hilfe von Schiffen überzusetzen, was jener für zu gewagt hielt, da auch die türkische
Flottille, obgleich nicht halb so stark als die der Pester und der Deutschen, eingetroffen
war. Endlich begann auf Perenyis Andrängen, nach unnütz verlorenen drei Wochen, am
21. August Nachts in aller Stille der Übergang auf das Pester Ufer. Schon waren die
Ungarn nebst Kanoueu und Kriegsmaterial jenseits angelangt, als Mehemet den Abzug
erfuhr und sich mit Valentin Török vereint auf die gemischte deutsch-böhmische Truppe
warf, die nun völlig aufgerieben wurde.
Tags darauf, 22. August, war die Stadt Pest iu türkischen Händen. Die Pester
Besatzung hatte während der langen Belagerung Roggeudorf gute Dienste geleistet. Die
am linken Ufer aufgestellten Kanonen und Musketiere hinderten die Insassen der Ofner
Festnng in wirksamer Weise, Wasser ans der Donau zu holen, und auch zur Beschießung
der Wälle wurde vou hier aus beigetragen. Jetzt, am Morgen des 22. August, war wohl
die Pester Besatzung durch die Soldaten Perenyis und die herübergeschasfteu Kanone«
verstärkt, doch hatten Volk und Soldaten den Kopf verloren und eilten sich zu retten.
Offenbar hatten sie keinen Anführer. Die Menge plünderte nnr noch die Läden der bereits
entflohenen Kaufleute nnd ließ die Stadt dann leer stehen, wo die Türken 36 schwere
und 150 leichtere Geschütze vorfanden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch