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Stefan Szechenyi, den Neuschöpfern der Hauptstadt in diesem Jahrhundert. Das Gesetz
verkündete die Regnliruug und Hebung der Hauptstadt, da sie eine unentbehrliche
Bedingung für die Entwicklung des vaterländischen Handels und Gewerbes bilde, als
Landesinteresse; er stellte zu diesem Zweck der Regierung 24 Millionen zur Verfügung,
die unter dem Titel eines hauptstädtischen Fonds besonders verwaltet werden sollten,
auch ließ er zur Projeetirung und Verwirklichung der infolge der Regnliruug nothwendig
erscheinenden Unternehmungen den hauptstädtischen Baurath ins Leben treten. Bei der
durch diesen Rath ausgeschriebenen Preisbewerbung wurde unter zehn Bewerbern der
Entwurf des Ingenieurs Ludwig Lechuer mit dem ersten Preise gekrönt und mit einigen
Änderungen als Grundlage für die allgemeine Reguliruug angenommen.
So hatte denn auch die ungarische Hauptstadt die Bahn einer den hentigen
Anforderungen des Handels und der Industrie entsprechenden Umwandlung betreten. Nach
der Verfügung des Gesetzes wurde die Kettenbrücke von der Aetiengesellschast abgelöst, die
Donau innerhalb der Hauptstadt regnlirt und ihre beiden Ufer ausgebaut; im Zusammen-
hang mit diesem großen Werke erstand die Margarethenbrücke und dann die Eisenbahn-
Verbindnngsbrücke; als Hauptverkehrslinie wurde zuerst die Audrässystraße eröffnet, deren
überwiegende Bedeutung wenigstens vorderhand noch dem Luxus angehört; ihr folgte die
große Ringstraße, die von der Margarethenbrücke ausgehend von der Donau bis zur
Donau geht und in wohlansgemefsenem Halbkreise alle die innere Stadt umgebenden
Vorstädte mitten durchschneidet; der Umkreis der inneren Stadt vom Franz Deäkplatz bis
zum Hauptzollamtsplatz wurde gleichfalls in eine Ringstraße verwandelt. Bedauerlich ist
es, daß bei der Feststellung des Nacheinander der Reguliruug nicht ausschließlich die als
Hauptziel vorgesteckten Interessen des Handels und der Industrie entscheidend waren, ja
selbst die natürlichen und vernunftgemäßen allgemeinen Anforderungen der Stadt-
regnlirnng außer Acht gelassen wurden, so daß man mit Berufung auf Gebäude, die man
als werthvoll bezeichnete, die Regnlirnng der inneren Stadt und die Erbauung jener
Brücke verschob, welche die schönsten und gesundesten Theile Ofens der Stadt näher-
gebracht hätte.
Die Baulust, zuerst durch die Hoffnung auf Besserung der politischen Lage erweckt,
und später, als diese Hoffnung sich erfüllt hatte, zu noch höherem Schwung gediehen,
nahm unter dem günstigen Einfluß der Reguliruug so außerordentlich zu, wie sich dessen
keine Stadt Europas rühmen darf. Dazu kam nun noch die merkliche Zunahme des
allgemeinen Wohlstandes, die vom Staate gewährte Steuerbegünstigung und schließlich
der Gesetzartikel XXXVI vom Jahre 1872, der die königlichen Freistädte Ofen und Pest,
den Marktflecken Alt-Ofen und die Margaretheninsel unter dem Namen Budapest zu einer
Jurisdiktion vereinigte.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch