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solchen Scene soll einst insgeheim auch König Matthias beigewohnt haben), und deren
Thorschmelle selbst der König nicht ohne die Erlaubniß des Priors überschreiten durfte.
Das Kloster war zu Ehren des heiligen Laureutius erbaut. Unter seinen Reliquien
bewahrte man die Gebeine des Sanet Paulus Eremita. Hier übersetzte der Mönch
Ladislaus Bäthori die heilige Schrift, wobei er zwanzig Jahre lang seine Höhle nicht
verließ; sie wird noch jetzt am Abhang des Lindenberges gezeigt.
Die Gegend der „Schönen Schäferin" erinnert durch ihreu
Namen au ein in der Volkssage fortlebendes Abenteuer des Königs Matthias. Heute führt
ein gut reuommirtes Gasthaus diesen Namen. Maria-Einsiedel (kläria liemete) ist
noch jetzt ein besuchter Wallfahrtsort. Man zeigte dort die einfache Grotte eines frommen
Asceten, mit Tisch und Schlafstelle, beide in Felsen gehauen. Das Kloster Maria Eichel
<Makk«Z8 Uariu) ist ganz in den Wäldern begraben. Einst war es von Trinitariern
bewohnt. Als Kaiser Josef diesen Orden aufhob, wurde der Thurm abgetragen und die
Kapelle in einen Maierhof verwandelt. Von hier auf den eigentlichen Schwabenberg führt
ein Waldweg, der nur nach den Kalkzeichen an den Bäumen zu finden ist.
Vor vierzig Jahren deckte den Schwabenberg selbst noch Urwald. Eine wahre
Goldgrube für Botaniker und Jnfectenfammler! Seine blühende Flora wies die seltensten
Pflanzenarten auf, die prächtigen Käfer und Schmetterlinge, die Todtenkopf-Sphinxe und
Nachtpfaueuaugeu und besonders die Oleanderschwärmer von seltener Schönheit zogen
die Naturforscher aus fernen Gegenden an. Der Bau des Dachses war sicher in diesen
Wäldern, der Marder machte seine Streifzüge in die Hühnerhöfe und Füchse gab
es so viele, daß einem allerorten schön entwickelte Exemplare begegneten. Im Gebüsch
bargen und um die Baumäste wanden sich prächtige große Schlangen; aus den Hohl-
wegen erhoben riesenhafte Frösche, die man „Hühnerfrösche" nannte, ihre brüllende
Stimme; auf dem Johannesberg gab es auch Vipern und fchlangenförmige Skinke. Auch
die Vogelwelt war reich vertreten. Im Wolfsthale fand man sogar Nester von Waldadlern
und oft genug sah man Schwärme kleiner Vögel zwitschernd eine Eule bedrängen. Das
war die schöne Zeit des Schwabenberges, als noch wildes Gethier aus ihm hauste; der
Mensch verirrte sich dorthin nur als uustäter Landfahrer oder als weltscheuer Sonderling.
In einer verwachsenen Ecke des Berges barg sich eine Art Burgruine, wo ein Misanthrop
wohnte, ein dänischer Baron, der mit keinem Menschen ein Wort sprach. In einem
abgelegenen langen Hause wohnte ein Arzt, der keinen Menschen knrirte; dafür besaß er
zwei Glocken, die er Mittags und Abends läutete. Mitten in einer Steinwüste hauste ein
haisischäugiger Gnome, der sich von den Steinen nährte. Aus seinen Steinen wurden
nämlich die übrigen Häuser gebaut. Tief in einem Thale verborgen war der Schlupf-
winkel eines verstummten Advoeaten, den der Arm der Gerechtigkeit aus der Welt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch