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die sich hier gerue treffen; cs kommt sogar oft vor, daß, während im oberen Gasthause die
Partei der Mehrheit durch ein Gastmahl demonstrirt, gleichzeitig im unteren Gasthanse
die Minorität eine ähnliche Gegendemonstration macht, wobei hüben und drüben rauschende
Musik mit Tusch eiusällt, wenn die Trinksprüche in das Land hiuausschalleu.
Beide Enden der Insel sind durch eine Pferdebahn verbunden, welche in zehn
Minuten den Weg zwischen den oberen nnd unteren Gebäuden zurücklegt, rechts uud links
von abwechslungsvoller malerischer Scenerie begleitet.
Wer aber die Herrlichkeit dieses Edcngartens völlig durchkosten ivill, schreite zn
Fnße beide Ufer der Insel ab, wo ihn die erinnerungsreichen Denkmäler der Vergangenheit
grüßen, geweihte Ruinen, mit Fruchtbäumen und großartigen Ziergärten umgeben, mit
Rosenhainen und Gewächsen des Südens, die einen Trinmph der Gartenkunst bilden. Au
Frühliugsuachmittagen vereinigen sich die Farbenpracht der Blumen, der nachtdnnkle
Schatten des dichten Laubes und das Concert der Nachtigallen, um eine schier mythische
Stimmung hervorzurufen. Und nun erst die vielen schonen Franen und Mädcheu! Das
ist die Schönheitsausstellung von Budapest! Uud mitten in der buntwechselnden Menge
sieht mau auch, von der allgemeinen Liebe umgeben, den erlauchten Hausherrn selbst, den
Erzherzog Josef mit feiner Familie.
Eine alte Volksfage läßt auf dieser Insel die fürstlichen Schätze vergraben sein,
welche wegzuführen cs an Zeit gemangelt habe, darunter auch die silberne Glocke der
Königstochter; da soll denn um die Mitternacht des Margarethentages über dem Grabe
der Heiligen ein mehr als irdischer Glanz sich entzünden, das silberne Glöcklein erklingt
uud rings durch die Gegend wallt wiederum jeuer zauberische Duft, der uach der Legende
der Chrvuikeu bei der Grablegung und Wiedererhebnng des Königskindes geweht hat. —
All dies ist heutigen Tages keine Sage mehr! Der überirdische Glanz erglimmt, den
zauberhaften Duft bringt jeder Frühling wieder, wenn die tausendfach gearteten Rosen
sich öffnen; echte fürstliche Schätze werden auf der Insel vergraben, ihr erlauchter Eigen-
thümer, Erzherzog Josef iuvestirt sie in dieser seiner Besitzung, und an diesen Schätzen
hat das gauze Publikum sein Theil, ja auch das silberne Glöcklein erklingt wieder.
— Vor siebzig Jahren schrieb Schams in seinem Buche: Pest und Ofen seien zwei so deutsche
Städte, daß der hierher gerathene Reisende in Deutschland zu sein glaube; man spreche
zwar hier und da auch uugarisch, bei den adeligen Familien, die Umgangssprache der
Gebildeten sei aber (bei den Magyaren) denn doch die lateinische. Und jetzt — hört man
allezeit und allerorten „das silberne Glöcklein der Königstochter Margaretha" klingen:
die süße Muttersprache.
Auch eiueu wuuderthätigeu Zauber besitzt die Margaretheuinsel: ihre Heiltherme.
Zu Anfang des Jahrhunderts war sie nur eine kleine warme Quelle, aber die fürstliche
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch