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ungarische Nationalmuseum mit seinem prächtigen Garten, in dem die harmlose Kinderwelt
umhertollt, während auf den Bänken brotlose Proletarier ihre Siesta halten. Da steht
das Nationaltheater und anch das Volkstheater. Da ist das große St. Rochus-Hospital,
dann die medicinische Facultät der Universität mit ihren Spitälern, das technologische
Gewerbemuseum, das Polytechnikum und die natnrwissenschastlichen Institute der
Universität. Gelehrte, Künstler und Beamte wohnen scharenweise in diesem Stadttheile,
was ihm einen vornehmen ungarischen Charakter verleiht. Überdies ist hier auch das
Maguatenviertel entstanden mit Palästen der Familien Festeties, Degenfeld, Zichy,
Kärolyi, Palffy, Wenckheim nnd anderen, denen die Nationalreitschule hinter dem Museum,
nahe dem zeitweiligen Reichstagsgebäude in der Erzherzog Alexander-Gasse, gleichsam als
Mittelpunkt dient. Jenseits dieser inneren, gebildeteren Hälfte des Stadttheils liegt die
Menge der niederen Häuschen, wo kleinere Beamte, Bürgerfamilien und Gewerbetreibende,
unter diesen die zu einem bedeutenden Faktor gewordenen vornehmen Tischlerwerkstätten,
sich niedergelassen haben; jenseits dieser aber folgen die berühmten Josephstädter Milchmeier
oder Milchwirthe. Der Friedhof, der Lastenbahnhof, der Kalvarienberg, das Lndovieeum
und die Beamteneolonie begrenzen diesen ordentlichen, soliden Stadttheil; er beginnt mit
seiner berühmten Kerepeserstraße, an deren Ende sich der Ceutralpersouenbahnhos erhebt,
und erstreckt sich bis zur Üllöerstraße. Am äußeren Ende der Üllöerstraße finden wir den
Orezygarten, der einst der Schauplatz von Volksbelustigungen war, und das Lndovicenm,
die ungarische Akademie für Landesvertheidignng, ein ausgedehntes Gebände, das in den
Vierziger-Jahren errichtet wurde uud der Ausbildung von Honvedoffizieren gewidmet ist.
Jenseits der Üllöerstraße liegt, bis an die Douau hinab, die Franz st adt, deren
Intelligenz aus Beamten und Richtern besteht, ihr niederes Volk aber aus Milchmeiern
und Fabriksarbeitern. Erwähnenswerth sind hier die schöne neue Kirche in romanischem
Stile, das alte „Köztelek" (das Haus des Laudes-Agriculturvereiues), die große Kaserne,
der Riesenbau des Laudes-Zollamtes am Donau-Ufer, der Elevator und in seiner Nachbar-
schaft der zweite Lastenbahnhof. Längs der Donau fallen noch die Bauholzlager und
Zimmermannswerkstätten auf. Wo diese Stadt unterhalb endet, dort stehen die wohl-
eingerichteten Pavillons der weit ausgedehnten neuen städtischen Krankenhäuser.
Aus dieser fächerförmigen Anordnung der einzelnen Stadttheile tritt der X. Stadt-
theil hervor: Steinbruch (XöbänM), der neueste und kleinste von allen, dem auch die fchou
erwähnte Beamteneolonie, ein neues Städtchen von lauter Familienhäusern, zugezählt
wird, der aber anderseits bis an die Josephstadt hereinreicht, indem sie schon am Ende der
Kerepeserstraße beginnt. Der wirkliche Steinbruch, der diesem Stadttheil seinen Namen
gab, hat dort längst nicht mehr die Wichtigkeit wie drei andere Dinge, nämlich der gute
Steinbrucher Wein, das vorzügliche Steinbrucher Bier und die ungeheuren Schweine-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch