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nach 1848 spielt. In vielen seiner Romane, wie „Der ungarische Nabob", „Zoltän
Kärpäthy", „Ein Gott im Himmel", „Die Söhne des Mannes mit dem steinernen
Herzen", „Der neue Gutsherr", „Politische Moden", „Die Narren der Liebe", „Die
guten alten Tablabirös" (Tafelrichter), „Die Dame mit den Meeraugeu", „Die
Komödianten des Lebens", „Wenn man alt wird" n. s. f. stellt er alle Scenen und
Gestalten, Tugenden und Gebrechen des ungarischen Lebens mit einem so unerschöpflichen
Reichthum der Phantasie vor uns hin, wie dies noch kein Schriftsteller vermochte. Seine
Romane bilden heute in Wahrheit einen öffentlichen Schatz, an dem sich nicht nur das
ungarische, sondern auch das ausländische Publikum erfreut.
Neben Jökai kann sich die ungarische Literatur uoch vieler vortrefflicher Erzähler
rühmen. Wir erwähnen hier nur die hervorragendsten, und zwar unter den älteren,
denen die Literatur so Manches an guten Romanen und Novellen verdankt: Vas Gereben
(Josef Radäkovies), Alois Degre, Albert Pälffy, Paul Gyulai, Karl Berezy, Ladislaus
Beöthy, Karl P. Szathmäry, Karl Vadnai, Ludwig Abouyi (Franz Märton), Wilhelm
Györy, Zsolt Beöthy, Emil Kazär, Ludwig Tolnai und Gregor Csiky. Unter den neueren
Werken haben die Novellen Alexander Baksays und die Skizzen Koloman Mikszäths die
meiste Wirkung gehabt. Auch an Schriftstellerinnen fehlt es auf diesem Gebiete nicht; aus
ihrer stattlichen Anzahl seien Helene Beniezky-Bajza, Stephanie Wohl, Frau Sigmund
Gyarmathy und Lina Büttner erwähnt. Die erzählende Prosa hat eine hohe Stufe erreicht
und auch unter den neuesten Schriftstellern findet sich so mancher, der zu deu schönsten
Hoffnungen berechtigt.
Die Entwicklung der Belletristik zog auch den Fortschritt der wissenschaftlichen
Literatur nach sich, wozu seit den Vierziger-Jahren die Akademie, diese Schöpfung der
opferwilligen Nation, das Meiste beitrug. Der ungarische Geist hat sich auch in früheren
Zeiten oftmals an der wissenschaftlichen Bewegung Europas betheiligt, ja er ist in so
mancher Frage dem Auslande vorangeeilt. So war zu Anfang des Jahrhunderts Wolfgang
Bölyay der erste Mathematiker nicht nur Ungarns, sondern Europas. Da jedoch
selbst die gedrängteste historische Skizze sämmtlicher Zweige der Wissenschaft über den
Rahmen dieses Aufsatzes hinausgehen müßte, dürfen wir nur derjenigen kurz gedenken,
die in naher Beziehung zur schönen Literatur standen und daher von augenfälligem
Einfluß auf ihre Entwicklung waren.
Auf dem Gebiete der Ästhetik, Kritik und Literaturgeschichte traten nach Kölesey
zwei bedeutende Schriftsteller auf: Josef Bajza und Franz Toldy. Beider Verdienst liegt
mehr in ihrem Gesammtwirken, als im Erfolg ihrer einzelnen Werke. Bajza war in seinen
von 1830 bis 1836 heftweise erschienenen „Kritischen Blättern" (Lritikai lapok) der
gesürchtetste Vertreter der Kritik; Toldy aber widmete sich mit Lust und Ausdauer der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch