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Megyeri, Telepy, Demjeu, Dery, Balogh, Päly und Somogyi. Einen Monat später
schloß sich ihr das Ehepaar Lendvay an. Durch die Thätigkeit dieser Gesellschaft wurde
die Idee eines stehenden Theaters in der Hauptstadt vollends reif. Der Boden dafür
war nunmehr wohl vorbereitet.
Zahlreiche Flugschriften forderten das Publikum auf, die Schauspielkunst zu
fördern, uud erörterten deren Wichtigkeit, namentlich für Ungarn. Das Pester Comitat
setzte die Sammlungen für die Kosten des stehenden Theaters eifrig fort. Auch Gras
Stefan Szechenyi erhob sein Wort in der Sache und daraufhin regnete es Pläne für deu
Bau des Hauses wie für die Begründung des Nationaltheaters. Mit der Errichtung der
Ungarischen Akademie der Wissenschaften trat die entscheidende Wendung ein, welche die
ungarische Schauspielkunst in der Hauptstadt festlegte und ihren künstlerischen Zielen ent-
gegenführt?. Die Akademie organisirte in ihrem Schooße einen besonderen Theater-
Ausschuß und schrieb eine Preisbewerbung aus zur Klärung der Frage, wie das Theater-
wesen in Uugarn zu begründen und zu stabilisiren wäre. Den Preis gewann Andreas
Fay, dessen Werk die Frage am eingehendsten behandelte.
Jetzt endlich war auch eine tüchtige Schauspieltruppe vorhanden, welche die
Bestrebungen der eifrigen Patrioten förderte; nach mehrjährigem gemeinschaftlichen
Wirken wies sie ein Zusammenspiel auf, wie es die Hauptstadt noch nicht gesehen. Das
Pester Comitat übernahm das Protectorat der Gesellschaft, an deren Spitze es tüchtige
Direktoren stellte, zuerst Fäy und Döbrentei, dann Döbrentei allein, später den Ober-
stuhlrichter Johann Simonesics; überdies bot es auch Alles auf, was den Theaterbau
fördern konnte. Den eifrigen Bemühungen des zweiten Vicegefpans Gabriel Földväry
war es zu danken, daß Fürst Graffalkovich einen leeren Baugrund auf der Kerepeferstraße,
außerhalb des Hatvanerthores, zum Zweck des Baues dem Comitat schenkte. Graf Stefan
Szechenyi wollte an einem Hauptplatze der Stadt ein großes schönes Actientheater zu-
stande bringen; er hielt es nicht für nothwendig sich zu beeilen, sondern hoffte, daß nach
gründlichen Vorarbeiten das Theater, die vorhergehende Ausbildung der Schauspieler
mit iubegriffeu, auf sicheren Grundlagen stehen würde. Földväry hingegen wollte mit
Hilfe der bereits gesammelten und sich langsam, aber stetig mehrenden Gelder den Bau
sofort in Angriff nehmen. Schließlich entschied das Pester Comitat, und auch Szechenyi
stimmte später zu, daß mit dem Theaterbau sogleich zu beginnen sei, da man nicht gestatten
dürfe, daß die Schauspieltruppe, deren Ofner Leistungen den vollen Beifall des Publikums
gewonnen hatten, aus Mangel an einer Bühne und entsprechender Unterstützung vielleicht
zu neuer Wanderschaft gezwungen werde oder gar sich wieder auflöse, das neue Theater
aber dadurch vor der Möglichkeit stehe, nachdem es vollendet worden, keine so vorzügliche
Gesellschaft für seinen künstlerischen Betrieb zusammenzubringen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch