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Der andere, noch viel berühmtere ungarische Musiker, Franz Liszt wurde am
22. October 1811 in Doborjan, einem Dorfe des Ödenbnrger Comitats, geboren, wo
sein Vater Adam Wirthschaftsbeamter des Fürsten Eszterhazy war. Adam Liszt, ein
leidenschaftlicher Musikliebhaber, entdeckte schon früh das seltene Musiktalent seines
Sohnes und gab ihm den ersten Unterricht. Die Fortschritte des Knaben waren erstaunlich
rasch, so daß schon der Neunjährige in Preßburg und Ödenbnrg öffentlich auftreten konnte.
Sein Spiel erregte die größte Bewunderung und die Familien Szapary, Apponyi,
Eszterhazy und Erdödy sicherten ihm zur weiteren Ausbildung eine bedeutende jährliche
Unterstützung zu. Nun brachte ihn sein Vater nach Wien, wo Karl Czerny sein Lehrer im
Klavierspiel wurde. Compositiou stndirte er bei Salieri. Auch Beethoven wurde er damals
vorgestellt, der dem Knaben eine glänzende Zuknnst verhieß.
Nach dem ersten Concert in Wien, das einen durchschlagenden Erfolg hatte, unter-
nahm er mit dem Vater eine Kuustreise, dereu Hauptziel Paris war; vorher jedoch gab er
in Pest ein Abschiedsconcert, das ebenso glänzend aussiel wie das in Wien veranstaltete.
Als sechszehn- bis siebzehnjähriger Jüngling (1827) spielte er mit großem Erfolge in
Frankreich uud England. Von 1828 bis 1833 bereiste er neuerdings ganz Europa in einem
förmlichen Trinmphzug. Aber Franz Liszt vergaß auch im Auslaud niemals, daß Ungarn
ihn geboren, und kaum hatte 1838 die Nachricht von der großen Überschwemmung Budapests
ihn erreicht, als er uach Wieu eilte, um dort wie in audereu Städten Concerte für seine
schwer getroffenen Mitbürger zu geben. Das Ergebniß von 37.000 Gulden sandte er an
den Magistrat der Stadt Pest, der ihn bei diesem Anlasse einlud, die ungarische Hauptstadt
zu besuchen. Er folgte dieser Einladung im Jahre 1839 und gab in Pest, sowie in mehreren
Provinzstädten Concerte, bei denen er großartig gefeiert wurde. 1846 besuchte er sein
Vaterland wieder und brachte noch größere Opfer für wohlthätige Zwecke und Cultur-
interessen. Bis 1848 war sein Leben eine Kette von Triumphen und Auszeichnungen, wie
sie bis dahin kein Künstler erlebt hatte.
Ende 1848 entsagte er der Virtuosenlaufbahn und widmete fei» Leben fortan der
Eomposition und Mnsikschriftstellerei. Er ließ sich als Hofkapellmeister in Weimar nieder.
Hier schrieb er jene unvergleichlichen ungarischen Rhapsodien, 15 an der Zahl, in welche
cr die schönsten ungarischen Lieder und auch den Räköczi-Marsch verflocht, so daß man
sagen darf, die ungarische Musik sei durch ihu in ganz Europa bekannt und beliebt
geworden. Er war der Schöpfer der Rhapsodie als Kunstgattung und jener sogenannten
„Symphonischen Dichtungen", welche allüberall gespielt werden.
Auch in seinen späteren Eompositionen hat er sehr viele ungarische Melodien ver-
wendet, so in seinen Werken „Hunnenschlacht" und „Huugaria". Um seine Vielseitigkeit
als Eompositeur uud die Vorzüge seiner zahlreichen Werke gebührend zu würdigen, müßte
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch