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Sammlungen befindlichen Werke läßt sich ein ziemlich übersichtliches Bild der ganzen
neuesten Entwicklung gewinnen. Sie weist vor Allem zwei allgemeinere Züge auf. Erstens,
daß trotz der wenigen Berührungen die in den ausländischen Mittelpunkten zur Herrschaft
gelangten Richtungen auch auf die ungarische Knnst Einfluß nehmen. Zweitens, daß
diese Kunst, obgleich sie stetig wächst und sich entfaltet, dennoch wenige solcher gemeinsamen
Grundzüge ausweist, die ernstlich als Charakter einer „magyarischen Schule" aufzufassen
wären; es wäre denn, daß man als solchen Grundzug die übereinstimmende Richtung
auf gewisse hochgesteckte Ziele betrachten wollte, die sich besonders in der ersten Entwick-
lungsperiode der heutigen ungarischen Malerei in den Fünfziger- und Sechziger-Jahren
kundgab. Damals war das Ringen mit geschichtlichen Stoffen an der Tagesordnung. Die
meisten Jüngeren malten nur Historie, aber freilich fast ausschließlich vaterländische, und
zwar die wirksamsten Momente derselben. Und das Gemeinsame, Charakteristische dabei
lag mehr in der Anregung durch die öffentliche Meinung, nicht in der Form der Äußerung,
welche mehr oder weniger die Eigenart der ausländischen Meister wiederspiegelt, durch deren
Schule diese jungen Künstler gegangen waren. Es war dies eine Ausnahmszeit, in der
— heute darf man es ja gestehen — schon die Tendenz als ästhetisches Verdienst galt,
wenigstens dem großen Publikum. So entstand, als Ausdruck der allgemeinen Stimmung,
eine ganze Reihe mehr oder minder gelungener Historienbilder voll politischer Anspie-
lungen und ermuthigender Rückerinnernng an ruhmreichere Tage der Nation. Zu den
erwähnenswertheren gehören: „Ärpäd's Erhebung" von Michael Koväcs, „König
Matthias' Einzug in die Ofner Burg" von Heinrich Weber, „Die Weiber von Erlau" von
Bartholomäns Szekely, „Der Krönungseid Ferdinands V." von Joseph Molnär u. s. w.
Der damalige Kunstverein verbreitete die Nachbildungen dieser Werke als Jahresprämien
zu Tausenden, während die Originale theils durch diesen Verein, theils im Wege der
Snbscription durch einzelne Verbindungen angekauft und der Gallerie des ungarischen
Nationalmuseums geschenkt wurden.
Es wäre freilich allzukühn, aus alledem zu schließen, daß auch die erste Blüte der
ungarischen Malerei der Politik zu verdanken sei. Immerhin waren jene rauhen Zeiten
von entscheidendem Einfluß auf einige echte Talente, denen sie den Stempel des höheren
Berufes aufdrückten. Einige gingen zu Karl Rahl, als dieser die Professur an der Wiener
Akademie niederlegte und eine eigene Malschule errichtete. Andere, jüngere, begannen
zwar ihre Studien an der Wiener Akademie, wandten sich aber dann der Meisterschule
Karl Pilotys in München zu.
Aus der ersteren Gruppe erwuchsen als die tüchtigsten Moriz Than und Karl Lotz.
Lotz blieb länger bei Rahl, an dessen großen Aufträgen er sich eifrig betheiligt hat. Than
lebte mehrere Jahre in Paris und Rom. Beide blieben der Richtung ihres Meisters getreu
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch