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Werken ist namentlich das lebensgroße Bildniß der Erzherzogin Maria Dorothea hervor-
zuheben, in dem es ihm gelang, die ungesuchte Eleganz einer hochadeligen Vornehmheit
mit dem Zauber der Jugend und Schönheit vereint zur Geltung zn bringen. Georg
Vastagh ist besonders schätzbar in seinen Bildnissen von Halberwachsenen und Kindern.
Dank der Meisterschule Benczürs wächst übrigens die Zahl der guten Porträts von
Ausstellung zu Ausstellung. Unter seinen Schülern hat sich darin namentlich Julius
Stetka, unter anderem durch das wirklich schöne Porträt des Professors Wagner,
bemerklich gemacht. Neuer sind Ludwig Burger, Coruel Späuyik, Eduard Komlössy
und außerhalb der Schule Jguaz Roskovics, Eugen Jendrässik, Eduard Ballö
und Andere.
Natürlich haben auch mehrere der älteren Meister, besonders die schon als Historien-
maler erwähnten, so manches Bildniß gemalt und dabei die Überlegenheit ihrer sicheren
Auffassung und individuellen Begabung bewährt; es unterstützt dies die Ansicht Jener,
welche auf eindringlichere Pflege des Porträts dringen und dieses die fruchtbare Gymnastik
der Maler, sowie den Prüfstein ihrer Tüchtigkeit nennen, weil es ein Gebiet darstellt, auf
dem der sittliche Ausdruck ohne stoffliche Wahrheit nicht zu erreichen ist.
In engeren Verhältnissen wiederholt sich in Ungarn dasselbe Schauspiel, welches
das Ausland im Großen bietet.
Das Talent, die Einbildungskraft, die Beobachtungsgabe, die Weihe der Künstler,
die Summe ihrer Bestrebungen wünscht sich nicht im Monumentalen, an den Aufgaben der
heiligen und profanen Geschichte zu bethätigen, sondern strömt im breiten Bett des soge-
nannten Genrebildes dahin. Sie suchen das Wirkliche, das Lebendige, das sichtbar und
greifbar Wahre und wollen es in ihrem Werk wahr und treu wiederfpiegelu. Darum ist
das Sittenbild bereits ein so ausgedehnter Kunstzweig, dessen Grenzen kaum noch zu be-
stimmen sind und der von dem Künstler so ungefähr verlangt, daß er auf jedem Gebiete
des Schaffens heimisch sei.
Ihrem Stoffkreise nach ist die ungarische Sittenmalerei auf volksthümlicher Grund-
lage erwachsen, indem sie Leben und Treiben, Lust und Leid der bäuerlichen Bevölkerung,
die bunten Scenen des Betyären- und Zigeunerlebens charakterisirte. Damit beginnt auch
jetzt jedes ländliche Talent, das sich am Ziehbrunnen oder an der Hobelbank von der
Weihe der Kunst überkommen fühlt. Die Hauptfigur seiner gemalten Heldengedichte ist
der einstige Schrecken der Puszta: der Betyär, wie er in der Esärda zecht, aufhaut oder
mit seinem Täubchen schäkert und sich von den Zigeunern eins in das Ohr geigen läßt,
während draußen die Pandnren- oder Gendarmen-Patrouille naht, um die verzweifelte
Unterhaltung in ein blutiges Drama zu verwandeln. Mit solchen Dingen begannen auch
Jaukö, Muukäcsy und Andere. Später freilich, wenn ihnen die näheren und ferneren
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch