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Mangel dieser Berührung wird noch nicht fühlbar in seinen trefflichen Naturstudien aus
früherer Zeit, von denen der Landesverein für bildende Kunst nach dem Tode des
Künstlers (1890) im Künstlerhause eine Sonderausstellung veranstaltet hat. Es war ein
erfreuliches Zeugniß für den gereiften Geschmack des Publikums, daß alle diese durch
ihren absoluten Kunstwerth kostbaren Skizzen und Studien blattweise um hohen Preis
angekauft wurden, wie schon einige Jahre früher bei gleichem Anlaß die hinterlassenen
trefflichen Skizzen und Studien G6za Meszöly's.
Die übrigen ungarischen Landschafter suchen ihre Stoffe zumeist daheim und
verarbeiten sie theils in sogenannten Veduten, deren Aufgabe es ist, die Gegend mit der
Treue einer Abschrift wiederzugeben, theils in Stimmungslandschaften, welche in der
empfänglichen Seele des Beschauers eiueu der als Modell dienenden Natur und der
Grundstimmung der Jahreszeit entsprechenden Gemüthszustand hervorbringen sollen. Auf '
der ungarischen Ausstellung stehen die Motive aus den Karpathen, besonders der Tatra,
und vom Plattensee im Vordergrund. Die heimische Gebirgswelt wird von Karl Telepy,
Alexander Brodszky, Joseph Molnär und Anderen mit Glück dargestellt, hier und da
freilich uicht mit jenem eingehenden Studium, den die eigenthümliche Großartigkeit der
Hochgebirgswelt erfordert, und nicht mit jener scharfen und ausdauernden Beobachtung,
welche sozusagen ein völlig befriedigendes Porträt von dem Wesen der „Localität" gibt.
Ebensowenig haben die einheimischen Landschaften bisher die sanften Reize der Plattensee-
gegend zu voller Geltung gebracht. Eine Ansnahme bildet der kürzlich verstorbene
Geza Meszöly, dieser treffliche und magyarischeste Landschafter, dessen auch im Auslande
anerkannter Künstlerruf mit der sprichwörtlichen Schönheit der „Balaton"-Gegend
gleichsam in eins verschmolzen ist. In der That hat Niemand so lange und so wirksam
dafür gearbeitet, den Zauber des „ungarischen Meeres" populär zu machen, als Miszöly,
nnd zwar in großen, den Gesammteindrnck wiedergebenden Gemälden, wie in kleineren,
ungemein beliebt gewordenen Bildchen, welche die besonderen Einzelheiten der Ufer, seine
versteckteren Wiukelchen in dem ganzen idyllischen Reize der Weltabgeschiedenheit darstellen,
und zwar mit einer Formvollendung, Farbenharmonie und dem Charakter der Gegend
angeschmiegten Treue, dabei auch jederzeit mit dem persönlichen Gepräge des Künstlers,
daß sie eine unwiderstehliche Anziehungskraft ausübten. Auch er studirte die Natur
sorgfältig, hingebend und gewissenhaft, allein das Suchen bis zum Äußersten nach dem
Wirklichen, nach der wörtlich genommenen Naturtreue hat in seinen Werken die intimere
individuelle Ausdrucksweise der seelischen Erregung doch nicht erstickt, welche sogar — es
soll nicht geleugnet werden — hier und da sich bis zur Manier verirrt. Da er jedoch zugleich
ein moderner und ein idealistischer Künstler war, blieb er in der Manierirtheit nicht
stecken und kehrte immer wieder zum Urquell der besten Eingebungen, zur Natur zurück.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch