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Auf dem Gebiete der reinenStimmungslandschaft tauchen andereHauptgestalten auf.
Einer ihrer hervorragendsten Vertreter ist Bela Spanyi , der sich in einigen Bildern zu
ansehnlicher Höhe der poetischen Auffassung und treffenden Farbenstiminnng erhoben hat.
Auch er steht in der ersten Reihe der Künstler von echt ungarischem Charakter und Streben.
Liebevoll behandelt er die Natur des ungarischen Alsöld. Er entnimmt seine Motive häufig
den sumpfigen Niederungen an der Donau unterhalb Pest mit ihren Erlengehölzen,
Störchen, Schafen, Kühen und wenigen Meuschen. Auf den mit Moor und Rohr durch-
wachsenen Gewässern weiß er die tausend feinen Schattirungen eines trüben Himmels oft
meisterlich wiederzufpiegelu und zaubert in unserer Seele mit ergreifender Wahrheit die
träumerisch süße Stimmung hervor, deren Sclave Jeder bleibt, der einmal auf den breiten
Horizonten der Puszta die farbenreichen Lufterscheinungen des Morgenroths oder des
' Abendglühens genossen. Unter seinen älteren Landschaften ist eine, die „Herbstsaat", die
mit ihren düsteren Wolken, dem schwarzen, schier gen Himmel dampfende» Ackerboden und
dem krächzenden Krähenschwarm eine echt melancholische Stimmung erzeugt. Selten fühlt
sich sein Talent zu den höheren waldigen Lagen oder der eigenen Schönheitswelt der Fels-
gegenden hingezogen, aber es fehlt auch nicht an glücklichen Versuchen in dieser Richtung.
Den düsteren Charakter dieser höher gelegenen Waldgegend, insbesondere die
träumerische Poesie des Waldinneren schildert mit großer Vorliebe Gustav Keleti uud
neuerdings Baron Ladislaus Mednyanszky, der allen Eingebungen seines fein
organisirten Talents mit der Unabhängigkeit der Impressionisten die richtige Farbe und
Form zu geben weiß. Seine nachdenklich geartete und überaus anregbare Seele forscht
auf ungebahnten Pfaden nach den Geheimnissen des Schönen. Seine Schaffensfähigkeit
ist eine periodische; er pflegt längere Zeit zu rasten und dann wieder mit seinem Überfluß
zu überraschen, aber Alles, was er macht, ist selbständig erfunden und erforscht und trägt
den Stempel der Ursprünglichkeit. Gegenwärtig weilt er in Paris, wo vor Jahren auch
der farbenkräftige Ladislaus P a l seine Landschafterstudien gemacht hat. Er war ein viel-
versprechendes Talent, das auf Diaz' Spuren zu wandeln schien, aber er starb jung, ehe
noch die an ihn geknüpften Erwartungen durch ein Werk von höherem Werthe gerechtfertigt
waren. Auch Arthur Tölgyeffy liebt als Landschafter besonders das Alföld. Wir erinnern
uns an eine Pnszta mit Luftspiegelung, die er in echtem Alföld-Glanz, in echter Alsöld-
Luft zu baden wußte. Einige seiner Mondaufgänge sind von träumerischer Poesie und
weicher Stimmung. Aus der Muttererde und der ungarischen Seegegend schöpfen ferner
Julius Agghazy und Johann Valentiny die Weihe ihrer Landschaften, letzterer auch
jene mehr genremäßigen Bilder, deren Handlung sich unter freiem Himmel abspielt.
Die exotische Landschaft hat neuerdings in Gustav Mannheimer einen Vertreter von
kühnsten«, bis zum Übermaß gehendem Colorismns gesunden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch