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errichtet werden sollte. Jahrelang brütete Stefan Ferenezy über dieser großen Aufgabe
und erschöpfte sich in vergeblichen Experimenten; schließlich verlor das Publikum die
Geduld und er selbst zog sich verbittert zurück. Sein jüngerer und in manchem Betracht
glücklicherer Zeitgenosse war Josef Engel, der, von seinen Eltern ursprünglich zu einer
ganz anderen Laufbahn bestimmt, es unter schweren Kämpfen durchsetzte, die künstlerischen
Fachstudien an der Wiener Akademie beginnen und einige Jahre mit Auszeichnung fort-
setzen zu dürfen. Später hielt er sich längere Zeit als Bildhauergehilfe in Paris und
London auf, wo er durch kleinere selbständige Entwürfe und Arbeiten selbst die Auf-
merksamkeit der vornehmen Kreise ans sich zog. Der Protection der Königin Victoria
verdankte er es, daß er 1846 nach Rom gehen und seinen Entwurf einer Amazonenschlacht
als lebensgroße Marmorgruppe ausführen konnte. Eine Reihe von Jahren hindurch war
er dort besonders für die vornehme englische Gesellschaft thätig, deren Wünsche er durch
gelungene Büsten und anmuthige Figürchen befriedigte. Die Hauptstärke Engels lag in
der genrehaften Gestaltung weiblicher Figuren aus dem mythologischen Stoffkreise. Die
sanfte Grazie derselben verleiht seinen Werken eine nicht gewöhnliche Anziehungskraft.
Solcher Art sind zwei Varianten der Diana, „Vor der Jagd" und „Nach der Jagd",
besonders aber eine Statue „Eva", die wegen ihres Formenreizes und der zarten Durch-
führung als hervorragendes Werk anerkannt ist. Die Lösung monumentaler Aufgaben von
kernhaftem Wesen und größerem Wurf brachte ihm weniger Lorbeeren. Als im Jahre
1866 eine Preisbewerbung um das Szecheuyi-Deukmal ausgeschrieben wurde, gewann er
den ersten Preis und wurde später auch mit der Ausführung betraut. Das umfangreiche
Monumentalwerk besteht außer der stehenden Hauptfigur aus vier an den Ecken des
Sockels sitzenden Gestalten heidnischer Gottheiten; es wurde in Fernkorns Werkstätte zu
Wien gegossen und im Jahre 1880 am Donau-User zu Budapest vor der Hauptfacade des
Akademiepalastes aufgestellt. Volksthümlich jedoch ist dieses aus patriotischen Beiträgen des
ganzen Landes errichtete erste ungarische Denkmal nicht geworden, was sich durch die ver-
altete Art der künstlerischen Conception und die Starrheit der Figuren hinreichend erklärt.
Bei dieser ersten ungarischen Denkmalconcurreuz hatte auch Nikolaus Jzsö Gelegen-
heit, seinen Beruf für die ernste Richtung zu bethätigen. Doch trug sein Modell, das eine
stramme Eleganz magyarischen Schlages zeigte, nur den zweiten Preis davon. Wer hätte
ihm auch damals ein größeres Werk anvertraut? Er war noch Anfänger und hatte bisher,
ohne Gelegenheit zu größereu Schöpfungen, sein ungewöhnliches Talent blos an kleineren
plastischen Gestaltungen aus dem magyarischen Volksleben bewährt. Sein „betrübter
Schafhirt" ist eine so gesunde, poetische und durchaus ursprüngliche Frucht magyarischer
Inspiration, daß er in der Reihe der besten Versuche, die vaterländische Kunst in Schwung
zu bringen, einen hervorragenden Platz verdient. Dieses kühne Beispiel und bahnbrechende
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch