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Verdienst Jzsös würde in der Geschichte der neuesten künstlerischen Bestrebungen Ungarns
eine Spur hinterlassen, selbst wenn er nichts anderes geschaffen hätte. Aber er hat außer-
dem die treffliche Statue des Dichters Csokonai in Debreczin gebildet und die des Dichters
Dugouics für Szegedin, und ihm sind auch die Modelle zu verdanken, auf deren Grund-
lage schließlich die Standbilder des Generals Bem und Alexander Petöfis endgiltig aus-
gearbeitet wurden. Die vortrefflichen Büsten mehrerer hervorragenden Persönlichkeiten und
eine ganze Reihe kleinerer geistvoller Gruppen von volksthümlicher Urwüchsigkeit, die jedoch
nur im Thonmodell erhalten sind, vervollständigen den Kreis seiner Werke. Im Entwick-
lungsgange Jzsös stoßen wir auf eine erwähnenswerthe Thatsache, welche zugleich die
ungarischen Kunstzustände in den ersten Sechziger-Jahren kennzeichnet; in Ermanglung
eines anderen Mäeens thaten sich nämlich die am Wiener Polytechnikum studireuden
ungarischen Jünglinge zusammen, um durch eine in ihrem Kreise eingeleitete Sammlung
dem allgemein beliebten, aber gänzlich mittellosen jungen Bildhauer für mehrere Jahre
das ununterbrochene Fachstudium unter Gassers Leitung zu ermöglichen. Die ungarische
Kunst hat es unendlich schwer zn beklagen, daß dieser hochbegabte, begeisterte und überdies
athletisch gebaute Mann, der in den Kämpfen von 1848 bis 1849 den Piken der Kosaken
und manchem Kugelregen, wenn auch verwundet, Stand gehalten, später im kräftigsten
Alter einer Lungenentzündung erliegen mußte. Er war damals den höheren Aufgaben
seiner Kunst bereits nahe gerückt, hatte sich zur Höhe der Popularität emporgeschwungen
und auch die Regierung begann seine Verdienste schon zu würdigen, indem sie ihn zum
Professor seiner Kunst an der eben errichteten Kunstschule ernannte. Nur dreieinhalb Jahre
sollte er das Amt des ersten ungarischen Professors der Bildhauerkunst bekleiden.
Sein Nachfolger auf diesem Lehrstuhle der Laudes-Musterzeichenschnle wurde ein
jüngeres Talent, Adolf Hnszar ; ihm fiel auch die Ausführung von Jzsös unvollendet
hinterlassenen Entwürfen zu, den großen Bronzestatnen Beins und Petöfis. Allein auch
er ist früh gestorben. Seine öffentliche Künstlerlaufbahn dauerte nur kurze Zeit, kaum
zehn Jahre; doch war sie, im Verhältniß zur Beschränktheit des künstlerischen Lebens in
Ungarn, glänzend und ungewöhnlich reich an äußeren Erfolgen. Hnszär war ein Schüler
Fernkorns, in dessen Werkstätte er, wie später im Wiener Atelier Baron Nikolaus Vay
des Jüngeren mehrere Jahre als Gehilfe thätig war. Die Natnr hatte ihn mit tüchtigen,
aber nicht gerade hervorragenden Anlagen ausgestattet, und auch sein künstlerischer Ehr-
geiz nahm erst späterhin, als ein Zusammentreffen günstigerUmstände ihn mächtig förderte,
einen kühneren Aufschwung. Es war die Zeit, da die erwachte nationale Pietät und Opfer-
freudigkeit energisch darauf drang, das Andenken der großen Todten des Vaterlandes so
bald als möglich durch die nationale Kunst geehrt und verewigt zu sehen. Nach dem großen
Szechenyi sollte die Reihe an Eötvös, Deäk, Petöfi, die „Araber Märtyrer" kommen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch