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Umgegend in der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts unter den Königen Sigismnnd
und Albert seine serbische Bevölkerung erhielt. Die Serben bauten ihre Häuser in
malerischer Unordnung und dichten Reihen auf den die Donau entlang ziehenden Berg.
Ein Haus steht schier auf dem andern und statt der Straßen schlüpfen steile Gäßchen durch
das Gedränge. Der untere, besser angelegte Stadttheil ist neueren Ursprungs, auch
belebter und hübscher. Er wird von der Landstraße durchschnitten, welcher die Entwicklung
der Stadt eine große Strecke weit gegen Norden folgt. Das meiste Leben herrscht jedoch
am Donau-User, wo sich Geschäft und Verkehr festgesetzt haben. Auch Szeut-Eudre hat
seinen Corso, auf dem sich Sonntags ein sehr unterhaltendes Durcheinander entwickelt.
Magyarisch, deutsch, slovakisch und serbisch sprechendes Volk tummelt sich massenhaft um
deu Landungsplatz der Dampfschiffe, und aus den Kaffeehäusern an der Donau klingt die
Musik der serbischen Tambnraspieler heraus. Das buntscheckige Volksgemenge, das lebhafte
Treiben auf der Donau und das interessante Städtchen, wie es sich dem anmuthigen
Hügelzug zu Füßen schmiegt: das gibt zusammen ein malerisches Bild, aus dem die Züge
des serbischen Elements am stärksten hervorstechen. Und doch geht das Serbenthnm hier,
wie in der ganzen Gegend, uugemeiu rasch zurück und der Grundbesitz geräth meist in
andere Hände. Der Reihe nach erlöschen die alten steinreichen Serbenfamilien und seit
dem Tode des letzten serbischen Bischofs ist selbst der Fortbestand des Bisthnms fraglich
geworden. Auch die Stadt selbst hebt sich langsam. Ihre Bevölkerung hat von 1870 bis
1880 bedeutend abgenommen und weist, obgleich die letzten zehn Jahre eine günstigere
Bewegung erkennen ließen, doch nur geringen Zuwachs auf. Die wirthschaftliche Krise,
insbesondere durch die Vernichtung der Weingärten, hat die Stadt zu hart getroffen und
diese Zustände mit hervorgerufen. Seitdem ernährt sich die Bevölkerung größtentheils
durch industrielle Thätigkeit, doch treibt sie auch viel Laudwirthschaft. Ihre Industrie
war schon im XVII. Jahrhundert bedeutend und im Jahre 1761 bestanden zu Szent-Endre
neun Züuste. Es gehört auch heute zu deu industriellsten Orten des Eomitats. Die Zahl
der Einwohner beläuft sich auf 4000 und vertheilt sich zu ziemlich gleichen Theilen auf
die vier Nationalitäten. Die Intelligenz jedoch ist magyarisch und auch im niederen Volk
stärkt sich das magyarische Element von Jahr zu Jahr. Das gesellschaftliche Leben ist
recht bewegt, denn die städtische Organisation erfordert zahlreiche Beamte, und das
Bezirksgericht, die Sparkasse, sowie verschiedene gesellschaftliche Einrichtungen tragen
dazu bei, Szent-Endre, wenn nicht administrativ, denn das Stuhlrichteramt befindet sich zu
Pomäz, doch geistig zum Mittelpuukte der ganzen Pilisgegend zu machen. Sein Verkehr
ist seit der Eröffnung der Eisenbahn, die hier endet, bedeutend gewachsen und die häufigere
Verbindung mit der Hauptstadt hat der bereits fast ins Stocken gerathenen Entwicklung
des Ortes wieder einen gedeihlichen Anstoß gegeben.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch