Seite - 21 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
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durch seine prächtigen Waldungen und üppigen Alpemnatten, namentlich aber durch seine
groteske Felsenkrone, deren Nadeln, Säulen und Pyramiden gleich den Dolomiten eine
„wahre Geisterfestung" aufgebaut haben, genug der erhabensten wie der lieblichsten Bilder.
Schon der Ursprung des Lech am Fuße der Rothwand inmitten einer herrlichen Alpen-
landschaft mit einem wundervollen Ausblick auf Wart, das erste Dorf des Thannberges,
rechts vom Krummbachtobel, der Tirol und Vorarlberg scheidet, ist einzig prächtig —
und wie es dann niederstürzt, das plätschernde Bächlein, bald weiß aufschäumend, bald
wieder ausruhend in den breiten Becken zwischen den eckigen Kalkblöcken in einer düsteren
Waldklamm, die uns mälig an die obere Grenze des Getreidebaues und bei Hegeran
auch anf einen Fahrweg führt! Alsbald erreichen wir den prächtig gelegenen Hauptort
Holzgau; etwas abseits liegt bei der Mühle Thum das Geburtshaus des vaterländischen
Dichters und Schriftstellers Chr. Schneller und hoch droben in den zerrissenen Wänden
des Wettersteins gewahrt unser Blick eine freie Lücke, das Fallenbacher Fenster, gegenüber
dem Calvarieuberge von Elbingenalpe, dem nächsten Orte im Hauptthal, dem Geburts-
ort A. Fulgers, dessen Todtentanz auf dem Friedhofe gar sehenswerth ist. Hinter
Gramais führt der durch schauerliche Engen und Felsabstürze angelegte Weg nach
Haeselgehr an der Mündnng des Otterbachs; in der Nähe an der Streimbach-Brücke
läßt die Tradition die erste Ansiedelung im Lechthal, den Rauthof, entstanden sein. Am
Hornbachthal vorüber, in dessen romantischem Grunde bei Hinterhornbach der mächtige
Hochvogel (2.589 Meter) die Grenzwacht hält, gelangen wir nun nach Weißenbach und
Reutte oder ius Tauuheimthal. Am Eingang in dasselbe erhebt sich die düstere Felsen-
spalte des Passes Gaicht, und die in steile Felsenwände eingesprengte Straße bietet
zahlreiche wunderhübsche Bilder. Bald wird die Gegend freier und mau erreicht Neßlwäugle
mit dem Großen Gimpel im Norden, dem höchsten Gipfel des Gebietes mit einer Fernsicht
bis München; dann folgt die Wasserscheide mit dem grünen Haldensee und dem Ausblick
auf den Aggenstein; dahinter liegt Tannheim, der Hauptort des Thals, in der Nähe der
prächtige Vilsalpsee und der Traualpsee. Der letzte Ort auf tirolischem Boden ist Schatt-
wald mit einem Schwefelbad an der Straße nach der baierifchen Bahnstation Sonthofen.
Die I s a r sammelt ihre Wässer aus vier Thälern des nördlichen Kalkalpenzuges,
von welchen drei nahezn parallel im Osten und ein viertes im Westen einmünden, alle von
ganz hervorragender Großartigkeit und Eigenart der Landschaft, deren stets wechselnde
Reize uns bald durch ihre Lieblichkeit und Anmuth entzückend fesseln, bald durch ihre scheue
Verschlossenheit Mächtig anziehen; arm und farblos bleibt das schildernde Wort gegen-
über der Fülle von Schönheit, die der Wandel der Jahreszeiten in der Färbung der
üppigen Laubwälder, die der Wechsel vou Tag uud Nacht, vou Sonnenschein und
Sturmeswettern über die wolkeiiumzogeueu Felsgipfel, die grüueu Waldgehäuge uud die
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch