Seite - 58 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
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Weinbergen erscheint St. Michael in Eppan mit der Gleifkapelle, einem Aussichts-
punkt, der das ganze Gebiet von den Meraner Bergen mit den darüberliegenden
Ötzthalergletschern bis zu den Dolomiten beherrscht. Südlich davon liegen die Eislöcher,
an denen sich die Rebe, die Edelkastanie und die Alpenrose ein seltenes Stelldichein gegeben
haben, während im Innern die Höhlen jahraus jahrein mit einer Eiskruste überkleidet
sind. In herrlicher Umrahmung spiegeln die fischreichen Montigglerseen den azurnen
Himmel des Südens; ein lieblicher Waldweg führt nach Kältern, einem stattlichen Markt-
flecken, dem Mittelpunkt des tirolischen Weinhandels. In der Nähe liegt der Kalterersee
mit zum Theil sumpfigen Stellen von schmntziggrüncm Wasser, dessen Aale als ganz
besonders wohlschmeckend gelten; viel berühmter aber ist der auf den mageren Porphyr-
wänden der glutheißen Gestade wachsende Kaltererseewein, der trefflichste des Landes.
Neben ihm gedeiht die Olive in stattlichen Bäumen und Mais in sechs Meter hohen
Exemplaren, — wir stehen am heißesten Flecken der deutschen Erde! Mit Vorliebe
verbindet man noch einen Besuch von Altenburg uud Tramin und gelangt aus diesem
Naturparadies dann bei Auer oder Salurn an die Heeresstraße oder auch an die
Bahnlinie.
Im Südosten des Landes erhebt sich zwischen dem Sextenthal, der Piave, Brenta,
Etsch, Eisack und Rienz ein Gebirgsterrain, die „Dolomiten", bezeichnet nach dem Gestein,
welches dem Gelehrten Dolomien zu Ehren seinen Namen erhielt. Wel'ch ein Zauberwort
für den Bergsteiger, für den Maler, für den Naturforscher! Bekanntlich liegt das Wesen
des Dolomits nur in zwei Merkmalen, in seiner Zusammensetzung und in seiner Färbung.
Infolge der ersten ist er in hohem Grade verwitterungsfähig und daraus erklären sich die
bizarren Formen und grotesken Bildungen seiner Kämme, die zahllosen Thürme und
Kegel, denen ebenso zahllose Schlünde und Scharten entsprechen, die scharfkantigen Grate
neben bandförmigen Terrassen und die mächtigen Schutthalden und Trümmerkare zu
seinen Füßen, bald prangend im schönsten Glänze des Goldes, bald starrend im edelsten
Weiß, oft wechselnd vom tiefsten Roth ins dunkelste Schwarz und dann wieder auf-
flammend zum freudigsten Gelb. Am Fuße der wilden Felsen aber liegen die grünen
Alpenmatten, die dunklen Nadelwälder, die blumigen Wiesenflüchen und auf den Gipfeln
ruht ewiger Schnee. So prangt voll Schönheit nnd mannigfaltigen Eindrücken die
Landschaft der Dolomiten in allen Farben. Durch zahlreiche Jocheinschnitte wird das große
Terrain in viele Gebirgsgrnppen und Stöcke gegliedert. Die Pässe und Höhenzüge sind
leicht zu erreichen, oft führt ein einstündiger Spaziergang zu denselben empor; schwerer
aber sind die über denselben ausragenden Zinnen zu ersteigen, und während von den
Gletschern der benachbarten Alpengruppen das Wasser getrübt zn Thal zieht, entquillt
es den Dolomiten hell und klar. In Höhen von 1.500 Meter liegen hier noch ganze
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch