Seite - 100 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
Bild der Seite - 100 -
Text der Seite - 100 -
100
uns deren Steilabstürze die Lage des Kessels von Schröcken an, von Osten blinkt noch der
Kirchthurm von Warth herauf; — uach Norden aber öffnet sich dem Blick die ungeheuer-
liche, vou majestätischen Felswänden umschlossene Klamm des Gensteltobels, an der oft in
schwindelnder Höhe hart am Abgrund der Weg hinabführt, ein Bild großartigster Alpen-
uatur! Um so lieblicher ist aber der Blick, der sich nach ermüdender Wanderung endlich
ins Kleine Walserthal aufthut. Anmuthig, ja zierlich stehen die sauberen Häuser der
Walser zwischen grünen Wiesen, die von mäßig hohen, ziemlich bewaldeten Bergen
besäumt werden, und wohl jeder Wanderer ist freudig erregt, wenn er endlich aus dem
Genstelthal herauskommt und das Dorf Mittelberg erblickt, dessen stattliche Gebäude,
von der spitzthürmigen Kirche behütet, über ein reizendes Fleckchen unserer herrlichen
Alpenwelt hingestreut sind. Trotz der ansehnlichen Höhe des Thals, das sich, soweit es
zu Vorarlberg gehört, nicht unter 1.000 Meter senkt, weshalb nur Wiesenbau und Vieh-
zucht möglich ist, zeigt dasselbe doch ein freundliches, fast mildes Landschaftsbild, das
durch die netten Behausungen, die sich besonders in den drei Dörfern Mittelberg,
Hirschegg und Riezlern eoneentriren, wesentlich gehoben wird. Der Hauptfluß des Thals,
welches nach dem erstgenannten Dorfe auch das Mittelbergthal heißt, ist die Breitach, einer
der drei Onellslüsse der Jller, die sich bei Oberstdorf in Baiern vereinigen. Die Breitach
gräbt sich in ihrem Laufe immer tiefer in den Flyschboden ein, während die Ortschaften
auf den höheren Stufen des Thals und, wie namentlich Hirschegg, am Gelände liegen,
und verläßt das vorarlbergische Gebiet endlich in einer 60 Meter tiefen Klamm. Den
Rückweg aus dem Thale könnten wir über das 1.868 Meter hohe Starzeljoch antreten,
auf welchem Wege wir noch den hintersten Weiler, Baad, berühren würden; da wir aber
den Bregenzerwald von seinem innersten Winkel an kennen lernen wollen, so versetzen wir
uns wieder über das Gensteljoch nach Hochkrumbach zurück.
In der Nähe des kleinen Sees, den wir auf dem Wege vom Gensteljoch südwärts
sehen, treffen wir wieder auf ein Kreuzbild, das gleich dem aus der Arlberghöhe die
Wasserscheide zwischen Donau- und Rheingebiet bezeichnet. Von hier eilt ostwärts der
Krumbach links in den Lech, während nach Westen der Seebach rechts zur Bregeuzer Ache
abfließt und uns der sicherste Führer in den fast 500 Meter tiefer liegenden Kessel von
Schröcken ist, der trotz seiner Höhenlage von 1.260 Meter keineswegs jenen rauhen
nnd wilden Eindruck macht, den man schon ob des seltsamen Namens erwarten könnte.
Im Gegentheil bildet die saftig grüne Matte mit dem schmucken Kirchlein und den seit
dem Brande von 1863 neuerstandenen Häusern (sie erreichen übrigens nicht die Zahl eines
halben Dutzend), inmitten der majestätisch-ernsten, großartigen Umgebung hoher Berg-
wände und Felspyramiden ein so anmuthiges Idyll, wie man es in dieser Hochgebirgswelt
nimmermehr zu siudeu hoffen konnte. Der oberste Bregenzer Wald wird an seiner linken
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch