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Eine wesentlich andere Physiognomie zeigt die erst kürzlich aufgedeckte Nekropole
von Welzelach im Hinteren Jselthal. Während in den bisher besprochenen Gräberfeldern
der Gebrauch von Aschenurnen aus Thon weitaus vorherrscht, kommen solche in Welzelach
(mit einer einzigen Ausnahme) gar nicht vor, sondern hier wurde der Leichenbrand
entweder in einem Bronzegefäß beigesetzt oder unmittelbar in das Steinplattengrab
geschüttet. Noch schärfer ist der Unterschied in den Grabbeigaben. Dieselben sind stilistisch
anders geartet als in den übrigen Grabfeldern, und während in diesen keine Waffen
getroffen werden, finden sich hier zahlreiche Lanzenspitzen und Streitäxte. Vor Allem
aber herrscht hier in Welzelach das Eisen gegenüber der Bronze vor. Armbänder uud
andere Ziergeräthe, Messer, sowie die erwähnten Beile und Lanzenspitzen sind durchwegs
aus Eiseu gefertigt. Und doch gehört dieses Grabfeld derselben Epoche an wie die übrigen
in Tirol, nur daß es einen etwas engeren Zeitraum umspannt, nämlich ausschließlich die
eigentliche Hallstatt-Periode.
Hier tritt uns zum erstenmal in einem tirolischen Grabfeld eine sehr ausgedehnte
Verwendung des Eisens entgegen, während gleichzeitig sonst im Lande das neue Metall
entweder gar nicht oder nur sehr untergeordnet vorkommt. Die Begräbnißstätte von
Welzelach zeigt in jeder Hinsicht, und so auch in diesem Punkte, die auffallendste Verwandt-
schaft mit den Nekropolen der ostalpinen Nachbarprovinzen, namentlich mit denen von
Kram nnd Südsteiermark. Es spricht Vieles dafür, daß der Gebrauch des Eisens
pon Osten und Südosten her auf der uralten Verkehrsstraße des Drau-
thals in das Land gekommen ist.
Das Inventar dieser Gräberfelder, sowie zahlreiche Einzelfunde in den ver-
schiedensten Theilen Tirols geben uns ein ziemlich deutliches Bild von dem Cultur-
zustand und der Lebensweise der Bewohner des Landes während der älteren
Eisenzeit.
Die Besiedlung hat bedeutend an Ausdehnung gewonnen. Die Fundplätze treten
immer enger aneinander und ziehen sich immer tiefer in die Seitenthäler hinein. Für die
bereits ganz ansehnliche Dichtigkeit der Bevölkerung in den Hauptthälern ist ein sprechender
Beweis das Vorkommen von nicht weniger als vier Gräberfeldern in der unmittelbaren
Umgebung des heutigen Innsbruck (Hölting, Völs, Sistrans, Sonnenburg), zu denen
sich noch drei in nur geringer Entfernung gesellen (Matrei, Jmst und Wörgl). Diese
einheitlichen, durch längere Zeit nach feststehenden rituellen Vorschriften benützten Fried-
höfe setzen die Existenz von größeren Gemeinwesen voraus. Die Bevölkerung war bereits
völlig seßhaft geworden und wohnte in geschlossenen Dörfern und Weilern. Es waren
Bauern, welche vom Ertrag ihrer Äcker und ihrer Herden lebten. Die terrassen-
förmige Anlage ihrer Culturen ist noch vielfach an den Thalhängen erkennbar. Auch von
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch