Seite - 156 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
Bild der Seite - 156 -
Text der Seite - 156 -
156
Doch hörte mit der Unterdrückung des Bauernstandes die Hinneigung desselben und anderer
Elemente der Bevölkerung zu den neuen Lehren nicht auf, namentlich fand die Secte
der Wiedertäufer in ihren unteren Schichten viele Anhänger und drang selbst in die
entlegensten Thäler. Ferdinand bekämpfte sie anfangs mit größter Strenge, es wurden
in den Dreißiger-Jahren Hunderte von ihnen hingerichtet. Demnngeachtet gestaltete
sich das Verhältniß zwischen Fürst und Volk im Laufe der Zeit immer günstiger, je mehr
sich beide Theile kennen und schätzen lernten, und die letzten Klagen verstummten,
als der König nicht mehr strenge Mittel, sondern vorzüglich die der Ermahnung und
Belehrung anwandte, um in Tirol die Glaubenseinheit zu erhalten. Welches Vertrauen er
zu dessen Bewohnern gefaßt hatte, zeigt unwiderleglich der Umstand, daß er seine Familie
die meiste Zeit innerhalb ihrer Berge wohnen ließ. Die Tiroler folgten daher auch bereit-
willigst seinem Rufe zur Vertheidigung des Landes, als die Truppen des schmalkaldischen
Bundes die Feste Ehrenberg eroberten und verheerend ins Innthal vordrangen, und wenn
einige Jahre nachher der Kurfürst Moritz von Sachsen ohne Widerstand bis Innsbruck
gelangen konnte und hier den Kaiser Karl V. beinahe gefangen genommen hätte, so war
daran nicht der Mangel an Opferwilligkeit der Tiroler, sondern allein die Täuschung des
kaiserlichen Hofes über die feiudlicheu Absichten des Kurfürsten schuld, der diese noch in
letzter Stunde unter der Maske der Freundschaft zu verbergen gewußt hatte. Die Aus-
schreitungen der Truppen des schmalkaldischen Bundes und des Kurfürsten Moritz waren
nicht geeignet, der Lehre Luthers in Tirol neue Sympathien zu erwerben, und daher hatte
das tolle Unternehmen des Balthasar Dosier, der einen neuen Bauernaufstand anzetteln
wollte, von vornherein nicht die geringste Aussicht auf Erfolg.
Gerade in demselben Jahre (1562) trat in Trient das berühmte Concil zn den
letzten Sitzungen zusammen, dessen Beschlüsse dem Volke von Tirol vielfach eine andere
Richtung geben sollten. Dieses von der religiösen Bewegung in Deutschland abzuziehen
und enger mit dem Landesfürsten zu verbinden, trug noch ein anderes wichtiges Ereigniß
viel bei: die Türkenkriege, in die Ferdinand seit seiner Wahl zum König von Ungarn und
Böhmen verwickelt wurde. Um sür sie die nöthigen Mittel zu erlangen, mußte er wiederholt
Landtage einberufen, mit den Ständen in persönlichen Verkehr treten und sie zur
Bewilligung von Geld und Truppen bewegen. Mehrere Male zogen Söhne unserer Berge
in das Flachland Ungarns, um ihr Blut im Kampfe gegen den Erbfeind der Christenheit
zu vergießen, und nicht selten waren die Fülle, wo Söhne des Adels von Tirol in der
Fremde Ruhm, Ehre und Besitz ernteten. Unter diesen ragte besonders hervor Bernhard
von Eles, Bischof von Trient, der vertrauteste Rath des Königs, bei Freund und Feind hoch
angesehen. Noch viel bekannter ist der berühmte Landsknechtführer Georg von Fruuds-
berg, der vor seinem letzten und merkwürdigsten Zuge nach Italien auch eine Zeitlang die
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch