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und Volkes wahrnehmen sieht. Darum war das Tiroler Volk trotz häufiger Klagen mit
der Regierung Maria Theresias wohl zufrieden. Es fühlte, daß ein neuer Geist das
öffentliche Leben durchdrang und unter seinem Hauche materielle und geistige Cultur gedieh.
Es erschienen Erlässe, welche die Cultiviruug öder Gründe, die Auftheilung mancher
Gemeindegründe durch Vermehrung der Wiesen nnd Äcker, die Einschränkung des Wein-
baues, die Anpflanzung der Maulbeerbäume und Anderes betrafen. Die rege Thätigkeit
auf dem Gebiete des Unterrichtswesens und der Geist, mit dem die Kaiserin alle Ver-
waltungszweige erfüllte, mußte auch deu Künsten und Wissenschaften zugute komme«.
Wie sehr die Tiroler ihre Kaiserin und deren ganzes Haus liebten, das bezeugt
die große Freude, die sie über die längere Anwesenheit derselben in der Hauptstadt
Innsbruck empfanden. Zahlreich waren die Beweise der Theilnahme sowohl an dem
freudigen Ereignisse, welches dort stattfand, der Vermälnng Erzherzog Leopolds mit der
spanischen Jnfantin Maria Ludovica, als auch au dem harten Schicksalsschlage, der die
schwergeprüfte Kaiserin gerade in diesen Tagen durch den Tod ihres inniggeliebten Gemals
Kaiser Franz I. traf, der am 18. August 1765 ganz unerwartet einem Schlaganfall
erlag. An beide erinnert die am Eingang der Stadt Innsbruck damals errichtete
Triumphpforte.
Weit größere Veränderungen als Maria Theresias Reformen riefen die ihres
Sohnes Kaiser Josefs II. in dem Zustande Tirols hervor. Dies gilt vor Allem von seinen
Neuerungen auf kirchlichem Gebiete. Der Grund lag in dem streng katholischen Charakter
des Landes und in seiner Eigenart auch in kirchlicher Beziehung. Tirol war im Laufe des
XVII. Jahrhunderts nicht allein ein ausschließlich katholisches Land geworden, in welchem
nur wenige Judenfamilien nothdürftige Duldung fanden, es hatte auch das religiöse
Leben einen ungewöhnlichen Aufschwung genommen. In keinem anderen Kronlande war
die Zahl und das Ansehen der Priester so groß als in Tirol. Im Jahre 1781 zählte
man in der Diöcese Brixen nicht weniger als 845 Weltpriester und 1.048 Mönche und
Nonnen, und damals gab es in ganz Deutschtirol 46 Männer- und 21 Frauenklöster.
Viele Theile Tirols standen unter auswärtigen Ordinariaten und lebhaft waren die
Beziehungen mit Italien und Rom, wo manche tirolische Jünglinge ihre Ausbildung im
lüolleßium Fermanieum erhielten.
Bei dieser Sachlage mußte schon Kaiser Josefs II. Streben, den Einfluß des kirch-
lichen Oberhauptes möglichst einzuschränken, alle einheimischen Kirchengewalten unter
staatliche Controle zn stellen und fremde von seinem Reiche auszuschließen, auf Schwierig-
keiten stoßen. Sein Toleranz- und sein Ehepatent konnten noch weniger den Beifall der
Tiroler finden. Viel schwerer trafen sie aber die Klosteraufhebungen, die Schließung
mehrerer Kirchen und die Errichtung des Generalseminars in Innsbruck, denn das Los
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch