Seite - 226 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
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über Nacht gekommene Fremdherrschaft und sehnte sich unter Österreich zurück. Die
Patrioten beider Länder setzten sich in geheime Verbindung, und als Kaiser Franz 1809
noch einmal das Schwert gegen Napoleons Druck zog, stand auch Vorarlberg auf. Am
29. Mai, an welchem Tage die Tiroler ihren zweiten Sieg auf dem Berg Jsel erfochten,
wurde nach einem scharfen Gefecht bei Klien zwischen Hohenems und Dorubiru der 1.800
Manu starke Feind zum Lande hinausgejagt und dasselbe bis 6. August frei gehalten.
Der thatkräftige und umsichtige österreichische Geueraleommissär Dr. Schneider
organisirte nach und nach 20.000 Landesvertheidiger, welche ebenso ausgedehnte als kühne
und erfolgreiche Streif- und Beutezüge in die feindliche Nachbarschaft machten. Allein
die Niederlage Österreichs bei Wagram und der Waffenstillstand von Znaim lieferten
Vorarlberg wieder dem Feinde aus. Und als das Unglaubliche nach langem Sträubeu
doch geglaubt werden mußte, ergab sich das Land, um unnützes Blutvergießen und gren-
zenloses Elend zu vermeiden, am 6. August der Macht des Generals Beanmont. Dieser
lockte hierauf 177 der besten und einflußreichsten Männer desselben nach Lindau und
ließ sie aller nöthigen Mittel bar zur besseren Niederhaltung des Landes als Geiseln nach
der Festung Bouillon bei Sedau au der belgischen Grenze schaffen. Erst Napoleons Ehe-
bund mit Marie Louise verhalf ihnen wieder zur Freiheit. Vorarlberg wurde neuerdings
baierisch bis zum jähen Zusammensturz der Macht des Corseu 1813 und 1814. Am
7. Juli des letzteren Jahres nahm wieder Österreich vom Lande Besitz, nur die frühere
Herrschaft Hoheneck oder das Landgericht Weiler blieb der Krone Baiern. Im October
des Jahres 1815 kehrte Kaiser Franz I. als Sieger von Frankreich zurück, besuchte
Vorarlberg und ließ sich zu Feldkirch auf die Kampfesstätten von 1799 führen. Die
baierifchen Einrichtungen blieben im Wesentlichen bestehen, nur daß das Land wieder
eine eigene Kreishauptmannschaft nnter dem Gnbernium, später drei Bezirkshauptmauu-
schasten unter der Statthalterei zu Innsbruck bildete. Die sechs Landgerichte, von denen
Feldkirch 1817 zum Kreisgericht erhoben wurde, sind unter der gegenwärtigen Negierung
zu Bezirksgerichten geworden. Kirchlich unterstellte man Vorarlberg der Diöcese Brixen,
doch mit einem eigenen Generalvicar zu Feldkirch seit 1819.
Schon gegen achtzig Jahre herrscht nun ununterbrochener Friede im Lande. Kaum
anderswo in der Monarchie ist derselbe zu geistiger und körperlicher Thätigkeit mehr
ausgenützt worden als hier. Namentlich hat sich Vorar lberg unter der Regierung
unseres gegenwärtigen Kaisers gewaltig emporgeschwungen. Lange Zeit vom Staats-
ganzen und gegen außen fast abgeschlossen und stiefmütterlich behandelt, erhielt es wieder
ein bedeutendes Ausmaß politischer Freiheiten und Rechte, vor Allem einen eigenen Land-
tag zu Bregenz mit 20, jetzt 21 Mitgliedern und drei Abgeordnete für den Reichsrath.
Seitdem entwickelte sich ein überaus reges Partei-, Vereins- und Genossenschaftsleben.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch