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mittelst welcher das Gesinde von den ringsum gelegenen Wiesen und Feldern heim-
gerufen wird.
Wie schon oben erwähnt, zeigt die eben beschriebene Hanptform der tirolischen
Bauernhäuser je nach den Thal- und Bodenverhältnissen mancherlei Abweichungen. So
bildet im Oberinnthal das gemauerte Wohnhaus häusig den ganzen Vordertheil des
Gehöftes, an den sich an der Rückseite, jedoch unter einem Dach Stall und Scheune
anschließen. Im Pusterthal trifft man diese beiden Räumlichkeiten auch oft vom Wohn-
gebäude abgesondert. Im Viustgau haben die Häuser ebenfalls einen gemauerten Vorder-
bau, mit dem rückwärts die Scheune verbunden ist. Den Stall trennt der Hofraum vom
Hause. Übrigens würde man nicht immer richtig gehen, wollte man aus der mehrfachen
Anwendung von Mauerwerk aus den Wohlstand des Hausbesitzers schließen. Im felsigen
Oberinnthal, wo die Steine nichts kosten als die Fuhr, und in holzarmen Gegenden
Südtirols baut auch der Ärmste sein Häuschen aus Stein, auf den Bergweilern und
Berghöfen Unterinnthals, z. B. in Alpbach, holt selbst der begüterte Bauer die Baumstämme
vom nahen Walde, statt mit viel Mühe und Kosten Steine herzuschleppen. Bei den Holz-
bauten werden die behauenen Stämme mit den Enden aneinandergefügt und die Fugen
mit Bergmoos ausgestopft. Innen erhalten die Wände eine Bretterverkleidung; die
Außenseite wird entweder ebenso gefertigt oder mit weißem Kalkanwnrf übertüncht. In
den meisten tirolischen Häusern mit Ausnahme der neuer gebauten, vorzüglich aber an den
eben genannten Blockhäusern sind die Fenster unverantwortlich klein und überdies der
Sicherheit halber mit Eisenstangen vergittert. Das Lüften der Wohnung ist dadurch ebeuso
zur Unmöglichkeit gemacht wie das Entrinnen bei Feuersgefahr, wie zahlreiche Beispiele
noch in jüngster Zeit bezeugen.
Besehen wir uns nun das Innere eines mittleren tirolischen Bauernhauses.
Durch die Hausthür gelangen wir zuerst in den hier und da gewölbten Flur, „Saal"
genannt, der gewöhnlich durch das ganze Haus uud rückwärts in den Baumgarten,
„Bangert" führt. Hier hängen an den weißgetünchten Wänden verschiedene Geräthschaften
und zum bäuerlichen „Arbeitsplunder" gehörige Gegenstände, wie Sensen, Kummete, das
sind Joche für das Ochsen- und Kuhgespann, Fischernetze sammt Angel und Latten und
Ähnliches. Gleich nach den ersten paar Schritten öffnet sich links und rechts eine Thür.
Die eine kleinere führt in den Stall, die andere erschließt die Stube, den wichtigsten
Raum im ganzen Bauernhause, den Versammlungsort der Familie und des Gesindes beim
Essen, bei der häuslichen Andacht, der gemeinsamen Arbeit zur Winterszeit und beim
Heimgarten.
Die Stube ist fast überall getäfelt, der Oberboden überdies mit verschiedenem
Zierrath, z. B. Kränzen, Quadraten, Leisten geschmückt. In der Ecke zwischen den Fenstern
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch