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Dorf und oft von Haus zu Haus zogen, aufgeführt und hießen mit dem gemeinsamen
Namen „Untercomödien". So führte noch vor verhältnißmäßig kurzer Zeit eine
wandernde Spielgesellschaft aus Riez in Stams im Freien vor dem Kloster das
..Dreikönigsspiel" auf. Nur diejenigen Stücke, welche Legenden und Stoffe ähnlichen
Inhalts, sowie solche, welche die Passion darstellen, also die eigentlichen Passions-
spiele werden auf der Dorfbühne gegeben. Letztgenannte Passionsspiele sind auch die
einzigen, die sich von den geistlichen Spielen noch erhalten haben und bekanntlich
in Tirol nur mehr an einigen Orten, in Brixlegg, Thiersee und Jnzing, anfgesührt
werden.
Daneben blühte besonders im letzten und am Anfang dieses Jahrhunderts das
„Bauerntheater". Hier wurden neben Stoffen religiösen Inhalts, die besonders aus
den Legeudeugeschichteu genommen waren, vorzugsweise weltliche Stücke zur Darstellung
gebracht. Diese Banerncomödien, welche sich beim Landvolk großer Beliebtheit erfreuten,
gehen ihrem Ursprung nach auf die Spiele, die an den Jesuitengymnasien im Schwung
waren, zurück, wie denn auch die ganze Mache der „Bauernspiele" den genannten ent-
spricht. Von einer Volkstümlichkeit ist mit Ausnahme der „Episoden" nichts zu spüreu
und die Handlung bewegt sich in steifen Alexandrinern fort. Da dieselben von den
bäuerlichen Spielern schristdentsch gesprochen wurden, so läßt sich denken, wie gezwungen
und unnatürlich der Vortrag sich ausnahm. Nur die der Handlung ä lu Zkulcespearo
eingefügten Zwischenspiele, meist derbkomischen Inhalts, sind mundartlich gearbeitet.
Solche Bauerntheater gab es, um nur von der Umgebung Innsbrucks zu sprechen,
in Sistrans, Lans, Völs, Axams, Götzens, Mühlau, Pradl, Taur, Rum?c. Jetzt wird
in dieser Art nur noch auf der halbstädtischen Bühne in Pradl bei Innsbruck gespielt,
wo die Ausführungen alter Ritterstücke, z. B. „Wendelin von Höllenstein oder die
Todtenglocke um Mitternacht" und Ähnliches, wenn auch der derbsten Auswüchse der
Komik beraubt, trotzdem noch ein ziemlich anschauliches Bild der früheren Banern-
comödien geben.
Über Lustspiele oder Possen, welche nach dem Schlüsse des Trauerspiels gegeben
wurden, um die Rührthränen in Lachthränen zu verwandeln, ist wenig bekannt. Sie
scheinen nach den spärlichen Resten in Hans Sachs'scher Manier gedichtet gewesen zu sein.
Ein sehr beliebtes war unter anderen „Die alte Weibermühle", welche noch vor wenigen
Jahren im Unterinnthal und in Stnbai aufgeführt wurde. Der Hauptinhalt der Handlung
bestand darin, daß in einen aufgestellten mühlartigen Kasten auf der einen Seite alte
Weiber auf Wunsch der Ehegatten hineingesteckt wurden und auf der anderen Seite als
junge Mädchen herauskamen, die natürlich von ihren früheren alten Männern nun nichts
mehr wissen wollen.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch